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satz für die Zustandsänderungen des Atoms jetzt nur „statistisch“

zutreffen, also nicht mehr mit klassischer Exaktheit gelten soll

(Bohr). Wie denn überhaupt der immer mehr vordringende

Begriff der „statistischen Wahrscheinlichkeit“ ein Verfalls-

zeichen des kausalmechanischen Denkens, eine Flucht vor ma-

thematischer Eindeutigkeit ist und unseres Erachtens geradezu

das Ende der mechanistischen und mathematischen Physik ein-

leitet.

Mit dem Entropiegrundsatze hat die mechanistische Natur-

wissenschaft, ohne es zu wissen, eine Lehre ausgebildet, die

ihren letzten Grundlagen widerspricht. Denn sie bedeutet eine

Einsinnigkeit,

Gerichtetheit

des

Naturverlaufes,

die

mit

dem B e g r i f f e d e s M e c h a n i s c h e n n i c h t v e r -

e i n b a r i s t . Ist doch das Mechanische seinem Begriffe nach

umkehrbar, nicht aber einsinnig. Denn nach den Grundgleichun-

gen der Mechanik wie nach den Maxwellschen Gleichungen der

Elektrodynamik kann jeder überhaupt mögliche Vorgang auch

in umgekehrter Richtung / verlaufen. Da nun in der wirklichen

Natur gar nichts umkehrbar ist, so folgt daraus: daß es ab-

s o l u t m e c h a n i s c h e V o r g ä n g e n i c h t g i b t . Nach

unserem Lehrbegriffe ist dies insoferne verständlich, als die

mechanischen Vorgänge a b g e l e i t e t e r Art sind

1

, daher bei

ihrer Rückgängigmachung stets schon von einem veränderten

System (nicht mehr dem ursprünglichen) ausgehen müssen.

Im besonderen bedeutet unseres Erachtens die Entropie auch

eine grundsätzliche Verlegenheit für die Atomistik. Denn be-

ruhen die Naturvorgänge auf Atombewegungen und wird ins-

besondere die Wärme als kinetische Energie der Molekularbe-

wegungen angesehen (bei Gasen als kinetische Energie der un-

g e o r d n e t e n

Molekularbewegungen,

welche

„kinetische

Theorie der Wärme“ von den Gasen sinngemäß auf Flüssigkeiten

und feste Körper angewendet wird), dann ist nicht einzusehen,

warum die Wärmeenergie nicht umkehrbar sein soll. Denn die

mechanischen Vorgänge (die Molekularbewegungen, auf welche

Wärme zurückgeführt wird) sind völlig umkehrbar, die ther-

mischen jedoch nicht, wie das angeführte Beispiel lehrt, daß bei

Berührung zweier Körper der wärmere an den kälteren Wärme

1

Vgl. oben S. 104ff., 110f., 155ff. und öfter.