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„Wie mannigfaltig sind alle Deine Werke . . .

O Du einziger Gott, dessen Macht kein anderer hat,

Du schufst die Erde nach Deinem Begehren . .

1

Du b i s t i n m e i n e m H e r z e n . . .

Die Welt ist in Deiner Hand,

Wie Du sie gemacht hast

12

.“

In der Mystik wird das Gebet als eine Form oder eine Stufe der

Vereinigung mit Gott betrachtet. Dies ist der Grund dafür, daß die

Mystik aller Zeiten das Bitten um irdische Güter nicht empfiehlt,

will sie ja eben im Gebet selbst die Konzentration, die Beruhigung

des Affektes, die reine Hingabe an Gott pflegen. Daher die heilige

Theresia die Stufen der Versenkung geradewegs Gebetsstufen

nennt.

Nur von diesem Gesichtspunkt aus darf auch die merkwürdige

Stellung des Gebetes im B u d d h i s m u s betrachtet werden. „Die

Buddhisten kennen im allgemeinen keine Gebete an die allbeherr-

schende Gottheit“, sagt Max Müller, . .. „aber selbst Gebete an die

Buddhas oder die buddhistischen Heiligen dürfen nie den Charakter

von Gesuchen annehmen. Es sind vielmehr Lobpreisungen und Me-

ditationen als Anflehungen“

3

. Nun, das Befremdliche dieser Tat-

sache mildert sich, wenn man die enge Verwandtschaft von Versen-

kung und Gebet in aller Mystik ins Auge faßt. In Übereinstimmung

mit Oldenberg und Hermann Beckh sagt Heiler: „Weil das Nir-

vâna nichts anderes ist als das summum bonum der Mystik .. .,

darum ist auch die dem Nirvâna zustrebende Versenkung nichts an-

deres als ein Sicherheben zum Letzten und Höchsten, also ein mysti-

sches Beten“

4

. /

Der persische Mystiker Sa’adi erläutert die Ablehnung der Bitten um irdische

Gaben: „ . . . E i n wahrer Diener seines Herrn nur jener ist, Der nicht ob des

Herren Gnade seinen Herren selbst vergißt, Also wandelt auch nur jener treu

1

Arthur Weigall: Echnaton, S. 88, deutsch nach der Übersetzung von James

Henry Breasted.

2

Arthur Weigall: Echnaton, ......................................... , S. 89.

3

Friedrich Max Müller: Theosophie, deutsch von Moritz Winternitz, Leip-

zig 1895, S. 12. Dennoch flüchtet die Volksfrömmigkeit in das Bittgebet. Vgl.

unter anderen das aus lebendiger Beobachtung schöpfende Buch: Das Lieblings-

volk Buddhas, von Harold Fielding Hall, Berlin und Zürich 1931, deutsch von

Lissy Rademacher.

4

Friedrich Heiler: Das Gebet, 5. Aufl., München 1923, S. 346.