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Irrtümern der Wissenschaft, die sich schließlich der materialistisdi-

mechanistischen Weltansicht auslieferte, sondern auch an der schein-

baren Unmöglichkeit, die Wege dieser Offenbarung einzusehen.

Wie sollte auch göttliche Offenbarung vor sich gehen? In äußer-

lichen Wundern? — Wir gestehen, daß auch wir hier insofern zur

Skepsis neigen, als wir solche b l o ß äußerlichen Wege der Vor-

sehung für allzu menschlich gedacht halten. Nein, das Wesentlichste

der Offenbarung muß als ein innerer Vorgang begriffen werden. Da

bietet sich nun zuerst als der vorzüglichste Weg der Offenbarung

der mystische und ekstasische Zustand selbst dar.

Indem wir bisher die Religion aus Mystik und Magie erklärten

und diese Erklärung geschichtlich belegten, b e a b s i c h t i g e n

w i r k e i n e s w e g s d i e R e l i g i o n z u r e l a t i v i e r e n und

sie etwa bloß empirisch aufzufassen. Denn wir sind überzeugt, daß

in der mystischen Erfahrung Gott wirke, Gott sich offenbare, und

daß auch in der magischen Erfahrung ein übersinnlicher Faktor mit

beteiligt sei.

Damit haben wir bereits die erhöhten Bewußtseinszustände und

ihre Träger, das heißt jene Begabungen, welche geschichtlich mit

Mystik und Magie verbunden sind, hervorgehoben.

I.

Erhöhte Bewußtseinszustände

Wir verstehen darunter alle jene Zustände, welche zu höheren

Erfahrungen, besonders aber zu mystischen führen und im weiteren

Sinn als Außersichsein, Entrückung oder Ekstasis (εζσεαοις) oder

auch als Vereinfachung (άπλώσις) und Berührung (άπσις) seit den

Neuplatonikern bezeichnet werden. Hierin sind auch visionäre Zu-

stände, also nicht nur die allerhöchsten mystischen, eingeschlossen.

Kant, Fichte, Schelling bezeichneten sie, wenn auch nicht alle drei in

gleichem Sinn, als „intellektuelle Anschauung“, das heißt als geisti-

ges Schauen, mit welchem Wort „Schauen“ ebenso wie mit den neu-

platonischen Ausdrücken auf / die Unmittelbarkeit der mystischen

Erfahrung, die wir schon früher hervorhoben, hingewiesen wird

1

.

Inwiefern bei all diesen Zuständen O f f e n b a r u n g zur Gel-

tung komme, folgt aus unserem, an anderer Stelle erklärten Begriff

des menschlichen Geistes als „ S c h a f f e n a u s G e s c h a f f e n -

1

Siehe oben S. 50 ff.