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am Grund der ausgegliederten Seelenkräfte das Unausgegliederte,

der „Seelengrund“, liegt, dürfen wir sagen: Diese Gottesgeburt ist

ihm das Bewußtwerden Gottes im Seelengrund. Das Bewußtsein

kann nur dadurch erreicht werden, daß die Seelenkräfte abgekehrt

werden vom Äußerlichen, das Innere dadurch frei werde; oder, wie

Meister Eckehart so oft sagt: Die Seele muß von weltlichen Dingen

leer werden, damit sie Gottes voll werde. Dies wird nur erreicht

in der „Abgeschiedenheit“.

„Viele Lehrer rühmen die Liebe als das Höchste, wie Sankt Paulus tut, wenn

er sagt: „Was für Übungen ich auch auf mich nehme, habe ich keine Liebe, so

bin ich nichts.“ Ich aber stelle die Abgeschiedenheit noch über die Liebe“

1

.

Den Zustand der Gottesgeburt schildert Eckehart immer wieder. „Din herze

wirt dicke berüeret unde gehêret von der weite. Wie möhte daz beschehen wan

mit dirre înliuhtunge? Das ist sô zart unde sô gelüstlich, daz dich alles des

verdriuzet, daß got oder göttlich niht enist. Ez reizet dich ze Gote unde wirst

vil guoter manunge gewar unde dû enweist niht, von wannen sie dir koment.

Daz indewendige neigen enkumet enkeine wîs von den crêatûren noch von kei-

ner ir wisunge, wan waz crêatûre wîset oder würket, daz kumet allez von

ûnzen her zuo. Aber der grunt der wirt alleine gerüeret von disem werke unde

ie dû dich mê lidic haltest, ie mê dû liehtes und wârheit und underscheides

vindest.“

Wie gebiert Gott sich in der Seele? „ . . . als die crêatûre tuont in bilden und

in gelichnisse? Triuwen, nein! mêr: in aller der wîse als er in der êwigkeit gebirt,

weder minr noch mê. Eyâ, wie gebirt er da? Daz merket. Sehet, got der vater

hat ein vollekomen însehen in sich selber und ein abegründiges durchkennen

sich selben mit ime selber, niht mit dekeinem bilde. Und alsô gebirt got der

vater sînen sun in wârer einunge götlîcher nâtûre. Sehet, in der selben wîse und

in keiner andern gebirt got der vater sînen sun in der sêle grunde und in irm

wesenne unde vereinet sich alsô mit ir“

2

.

Gott muß wirken in der Seele: „Gotes nâtûre. sîn wesen unde sîn gotheit

hanget daran, daz er muoz wirken in der sêle. Got segen, got segen!“ — „Gott

wirkt ein Werk mit der Seele; in dem Werke wird die Seele über sich selbst

erhoben“

3

.

Weil Gott nichts gleich ist, kann er durch nichts begriffen werden

als durch sich selber. Die Seele begreift Gott nur, insofern sie von

ihm begriffen wird

4

: „Gott wird durch Gott erkannt in der Seele“

5

. /

1

Traktat von der Abgeschiedenheit, in: Franz Pfeiffer: Meister Eckhart,

Leipzig 1857, S. 484, Zeile 10 ff.

2

Franz Pfeiffer: Meister Eckhart, S. 6, Zeile 5—13.

3

Franz Pfeiffer: Meister Eckhart, S. 529, Zeile 37.

4

Franz Pfeiffer: Meister Eckhart, S. 504, Zeile 26.

5

Franz Pfeiffer: Meister Eckhart, S. 37, Zeile 31 und S. 505, Zeile 20.