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das / Wesen der Mystik und stimmt auch geschichtlich durchaus

nicht — abgesehen davon, daß in Wahrheit auch die sogenannte

„prophetische Religion“ keinen anderen als mystisch-ekstatischen

Ursprung hat. Jene Entstellungen, die Heiler nennt („qietistisch“

und so fort), gehören der Deutung und Auswertung der Mystik an,

nicht ihrem Wesen.

D.

Ü b e r m y s t i s c h e B e g a b u n g

Wird die innere mystische Erfahrung überhaupt anerkannt, so

traut man ihr gewöhnlich zu viel, ja alles zu. Dementgegen haben

wir auf einen Umstand von größter Bedeutung hinzuweisen, daß

nämlich die mystische Begabung auch verhältnismäßig getrennt von

anderen Gaben auftreten könne.

Wer mystische Erfahrungen erlangt, wird allerdings in allen sei-

nen Fähigkeiten, besonders auch in der zu lieben und damit in

seinem sittlichen Vermögen, in seiner Menschenkenntnis, auch in

seinen künstlerischen und denkerischen Fähigkeiten unbedingt ge-

hoben: indem er überall S i n n f ü r U n m i t t e l b a r k e i t er-

langt. Denn schon die Sammlung, die er übt, stärkt alle seine Geistes-

kräfte. Er wird im Innersten gewandelt.

Aber dennoch sind damit alle diese Geisteskräfte noch nicht auf

jenen Gipfel gehoben, welcher in der mystischen Erfahrung selbst

erreicht wurde. Die einfachsten Parallelen dafür bieten die weib-

lichen Medien sogenannter okkulter Kreise. Sie zeigen in ihren

hypnotischen und somnambulen Trancezuständen durchaus geho-

benes Wesen und eine edle Sprache, welche über ihren Bildungs-

stand hinausgeht. Zwar bleibt ihnen im gewöhnlichen Zustand da-

von noch ein Abglanz, aber sie werden keineswegs darum schon

zu genialer Höhe in ihren Denk- und Geisteskräften gehoben,

vielmehr reden sie, wenn sie z. B. in bäuerlicher Mundart auf-

wuchsen, auch weiter diese ihre Mundart und unterscheiden sich

nur wenig von dem sonstigen Niveau ihres Lebenskreises. So steht

es auch — mutatis mutandis — beim Mystiker. Auch aus dem

Mystiker, der nicht als denkerisches Genie geboren wird, wird

durch die mystischen Erfahrungen kein großer Denker und Syste-

matiker, obgleich diese und andere Fähigkeiten gewiß gehoben

werden. Zur Zeit der Neuplatoniker gab es viele Ekstatiker von

5 Spann, Religionsphilosophie