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ihren geheimnisvollen Grund, erst kennen. Das folgt auch daraus,

daß sie sonst nur in den Kräften lebt — eine sehr wichtige Lehre

Eckeharts.

Dar umbe ist der sêle enkein dinc als unbekant als si ir selber. Also sprichet

ein meister, daz diu sêle von ir kein bilde geschöpfen mac noch geziehen. Dar

umbe sô mac si sich selber mit nihte bekennen; wan bilde koment allez in durch

die sinne: des enmac si kein bilde von ir selber gehaben. Da von weiz si al ander

dinc unde sich selber niht. Dekeines dinges weiz si als wenic also sich selber,

durch des mitels willen. Unde daz wizzest ouch, daz si innen ist frî unde ledic

von allen mitein unde von allen bilden unde daz ist ouch diu Sache, daz sich got

lediclich mac mit ir vereinen âne bilde oder gelîchnisse“

1

. /

Die Gottesgeburt ist V e r g o t t u n g der Seele, ja des ganzen

Menschen. So auch die θεοποίηςις oder θέωσις; der Neuplatoniker.

„Got gêt hie in die sêle mit dem sînem allem, niht mit dem sînem teile. Got

gêt hie în in die sêle in dem grunde. Nieman tuot den grunt rüeren in der

sêle denne got alleine. Diu crêatûre enmac niht in den grunt der sêle, si muoz

hie ûzen blîben in den kreften“

2

. — Darum muß die Gottesgeburt auch den

ganzen Menschen umwandeln: „Die Seele, in der die Geburt einst geschieht, die

wird nach Gotte gefüget…“

3

.

Steht nun nach all diesen Zeugnissen die Gottverwandtschaft des

Menschen als religiöse Kategorie mystischen Ursprungs fest, dann ist

es klar, daß der Mystik auch überall und jederzeit der Mensch als

t h e o m o r p h , gottförmig, gottebenbildlich erschien.

Rein b e g r i f f l i c h genommen, wird die Gottesverwandtschaft

der menschlichen Seele besonders vom Riickverbundenheitsbewußt-

sein aus klar. Denn Rückverbundenheitsbewußtsein heißt nicht

weniger als: das Göttliche bildet für den Menschen k e i n a b s o -

l u t J e n s e i t i g e s , sondern wirkt in seine Seele hinein. Das

Rückverbundenheitsbewußtsein beweist, daß der Mensch zu Gott

eine solche Verbindung habe wie kein anderes Geschöpf.

Wenn daher Eckehart sagt: Als Gott die Welt schuf, da tat er

nichts, erst als er die Seele schuf, da gab er sich selbst, da hieß es,

wir im Rate der Dreieinigkeit, wir, Vater, Sohn und Geist, wir

machen einen glichen (Ebenbild) — wenn Meister Eckehart so

spricht, so mag man davon als bildlich abstreichen was man will,

soviel bleibt übrig: daß der Mensch allein eine unmittelbare Verbin-

1

Franz Pfeiffer: Meister Eckhart, S. 5, Zeile 19—28.

2

Franz Pfeiffer: Meister Eckhart, Leipzig 1857, S. 5, Zeile 3—7.

3

Franz Pfeiffer: Meister Eckhart, S. 401, Zeile 16 f.