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heißung für den Menschen. Er ist der Träger, Gestalter und Erfüller

der Geschichte. Er empfängt ihren Lohn und zahlt ihr den Preis. Die

Geschichte ist eine Ganzheit, der niemand entrinnen kann. Alle Ge-

schöpfe sind hineingerissen in den Fall, jedes muß dafür büßen. Und

alle werden der Erlösung teilhaftig, wenn ihre Stunde kommt.

Die Ganzheitslehre erhellt dem suchenden Menschengeiste den

Einblick in das Innere seines Wesens wie den Sinn der Geschichte. Sie

läßt ihn erkennen, wo ihr Freiheit gewährt und wo die Vorsehung am

Werke ist. Sie zeigt vor allem, daß G e s c h i c h t e n u r a l s

G a n z h e i t zu verstehen ist. Ja wir müssen zur Kenntnis nehmen,

daß der Lauf der Welt mehr unter „ganzheitlichem Zwang“ steht, als

uns lieb sein mag! Denn in der Geschichte muß wahrhaft einer für

alle stehen und alle für einen. Sie entläßt keinen aus ihrem und der

Menschheit Schicksal; es sei denn durch die Gnade der Erlösung, mag

diese nun durch eigene Kraft oder göttliche Huld geschehen. Aber

auch solche Erlösungstaten sind nicht isoliert in der Geschichte,

sondern ziehen die gesamte Menschheit mit sich empor, so wie auch

das Böse des Einzelnen auf dem ganzen Menschengeschlechte lastet.

Es ist das unerbittliche Erfordernis und das Gebot jedes ganzheit-

lichen Gliederbaues, die g o l d e n e W a a g e und zugleich das

e h e r n e G e s e t z der Geschichte: wenn ein Glied sich ändert,

müssen sich auch die anderen so weit ändern, daß das ganzheitliche

Gleichgewicht, die vollkommene Entsprechung aller Glieder wieder-

hergestellt wird. Nichts ist daher ganz verloren in der Geschichte;

nichts aber bleibt auch ungesühnt. Zu sühnen und zu gewinnen hat

aber nicht nur der Einzelne, sondern die Ganzheit und a l l e ihre

Glieder. Unterfängt sich mancher, darüber zu rechten mit dem

Schöpfer dieser Weltordnung; eines muß er zutiefst erleben und es

damit auf jeden Fall anerkennen: Diese Weltordnung, mag er sie als

gerecht empfinden oder nicht, mag er mit ihrem Gesetzgeber darob

hadern oder nicht, sie ist eine Ordnung von durch und durch g a n z -

h e i t l i c h e m Gefüge!

„Gäbe es einen Gott, er würde solches nicht zulassen“ ist ein allzu-

verständlicher, emotionaler „Gegen-Gottesbeweis“. Gegen ihn ist

nur schwer anzukommen, denn nicht die Lehre ist für den Menschen

das Entscheidende, sondern das Erlebnis. Dies gilt auch für Religion

und Philosophie. Aus dem inneren „Grund-E r 1 e b n i s“ ent-