Table of Contents Table of Contents
Previous Page  3248 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 3248 / 9133 Next Page
Page Background

218

[153/154]

mäßigen aufweisen; aber diese Wissenschaften bleiben trotzdem

Systematik. Zu Geschichte werden sie erst dadurch, daß die Ganz-

heit in ihrer Umgliederung, besonders in der Aufeinanderfolge der

Geschlechter, ins Auge gefaßt wird. Sie werden dann zu Erdge-

schichte, Pflanzengeschichte, Tiergeschichte.

Hiermit wenden wir uns zu dem zweiten der oben ausgespro-

chenen Sätze, der die Umgliederung als das eigentlich geschichtliche

Geschehen bezeichnet

2

.

Umgliederung der Ganzheit heißt notwendig: daß in ihr unauf-

hörlich Neues geschieht. Der Organismus des Säuglings, des Jüng-

lings, des Mannes, des Greises ist immer dieselbe Ganzheit, aber in

einem immer anderen Stande der Umgliederung. Erst durch den

Stand der Umgliederung ergibt sich der Begriff des Zeitabschnittes

oder des Stadiums. Während die allgemeine (theoretische) Physiolo-

gie, indem sie den Leistungsbau des menschlichen Organismus über-

haupt darstellt, reine Ausgliederungslehre ist, wird der „Vergleich“

des kindlichen, jugendlichen, reifen und gealterten Organismus

zur Lehre von dem Umgliederungsgange. Ebenso wird die syste-

matische Geisteslehre und die systematische Gesellschaftslehre zur

Geistesgeschichte und zur Menschheitsgeschichte. Das heißt aber

nichts weniger als: neben die Ausgliederungslehre oder Theorie

tritt die Umgliederungslehre oder Geschichte. Die G e s c h i c h -

t e i s t d i e L e h r e v o n d e r z e i t l i c h e n U m g l i e d e -

r u n g d e r s y s t e m a t i s c h a u s g e g 1 i e d e r t e n

G a n z -

h e i t .

Das Wesen der Umgliederung ist: Entfaltung der Ganzheit in

der Zeit. Die Entfaltung in der Zeit hat die Eigenschaft, daß sie

die systematische Aus- / gliederung der Ganzheit in ihren Grund-

zügen beibehält, aber in ihren Ausgestaltungen (Konkretionen)

und in ihrer inhaltlichen Erfüllung immer wieder ändert. Der

menschliche Organismus behält vom Säuglings- bis zum Greisen-

alter dieselben Grundzüge der Ausgliederungsordnung, der mensch-

liche Geist dieselben Grundzüge von der Urzeit bis heute, der

Staat, die Wirtschaft, die Sprache dieselben Grundzüge von der

Urzeit bis heute.

1

1

Siehe oben S. 214.