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des Seienden ist keine für sich, sondern sie sind nur eines „gemeinschaftlichen

Seins fähig . . d e s s e n Möglichkeit gerade darauf beruht, daß das eine der Ele-

mente n i c h t das andere ist..

"

1

Z u s a t z ü b e r d e n E i n w a n d d e r „ E r s c h l e i c h u n g “ g e g e n

d i e D i a l e k t i k

Bevor wir uns den weiteren Denkaufgaben zuwenden, welche das dialektische

Verfahren stellt, wird es zweckmäßig sein, des üblichen Einwandes dagegen zu

gedenken.

Dieser sagt: nicht die „Selbstbewegung des Begriffes“ sei im dialektischen

Verfahren anzutreffen, sondern die Erschleichung des jeweils folgenden Begriffes

durch heimliche Unterscheidung der Erfahrung (empirische Anschauung). So un-

ter anderem auch Trendelenburg in seinen „Logischen Untersuchungen“

2

.

Dieser Einwand ist aber in Wahrheit nicht stichhaltig, denn die Hegelische

Philosophie hat nie behauptet, ohne Zuhilfenahme der Erfahrung jene hervor-

treibenden Widersprüche, jene Gegensätze, in denen sich der absolute Geist von

dem Kategoriensystem (Logik) zur Natur und zum Geiste in allen Formen be-

wegt, auffinden zu können. Das Ableitende liegt darinnen, daß man aus dem

Stoffe der Erfahrung jene k o n s t r u k t i v e O r d n u n g herausfinde, die

nach der Behauptung der Dialektik darinnen liege.

Daß eine „Selbstbewegung des Begriffes“ (wenn man es so nennen will) in

dem Sinne stattfinde, daß die Ausgliederung von Natur und Geist nach Einwän-

den intelligibel in Bestimmungen erfolgt, wird niemand leugnen können, der

auch nur ein Lehrbuch der Pflanzen- und Tierkunde aufschlägt, in welchem ihm

die Bestimmungen des Stockwerkbaues der Gattungen und Arten entgegentreten.

Die ableitend-entwerfende Form der Fichteschen und Hegelischen Dialektik

hat nicht den Sinn des Überschreitens der Erfahrung, sondern hat den Sinn der

Erkenntnis des Notwendigen in der inneren Gliederung von Geist und Natur,

des Begrifflichen in ihnen.

B.

Zwischenbemerkung über das Wesen der philosophischen

Systembildung

Um der Denkaufgabe, die sich in der geschichtlichen Rolle der

Dialektik bietet, näher zu kommen, müssen wir die Vorfrage beant-

worten: „Wie ist überhaupt ein geschlossenes Begriffsgebäude der

idealistischen Philosophie beschaffen, wodurch ist die philosophische

Systembildung gekennzeichnet?“ Wir reden hier nur von der Phi-

losophie im Sinne des Vollendeten, nämlich des objektiven Idealis-

mus, nicht vom Empirismus, der überhaupt keine Philosophie ist,

1

Schelling: Sämtliche Werke, Bd XI, S. 292.

2

Friedrich Adolph Trendelenburg: Logische Untersuchungen (1840), 3. Aufl.,

Leipzig 1870, S. 47 und öfters.