Table of Contents Table of Contents
Previous Page  8969 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 8969 / 9133 Next Page
Page Background

249

Als das Wesentliche für die Veräußerlichung ist hier zu sehen das

System von Entsprechungen, die allgemeine Magie, die durch die

Nachbildung göttlichen Geschehens wirkt und keinesfalls bloß eine

Ehrung Gottes darstellt (das heißt nicht allein eine solche). Das

System von Entsprechungen ist hier das Mittel, das zum Ziel des

Opfers hinführen hilft, nämlich zur Teilnahme am göttlichen Leben.

Sie ist der letzte Sinn des Opfers, die Nachbildung des göttlichen

Geschehens ist nur der Weg dazu.

Die Tatsache, daß die meisten einfachen Kulthandlungen über die

ganze Erde verbreitet sind, führt Spann auf die Gleichheit der my-

stischen und magischen Elemente der Religionen und auf die innere

Bedingtheit zurück. Es kann aber nur eine verhältnismäßige Gleich-

heit in den elementaren Kulthandlungen bestehen, da gewiß auch

einer äußeren Bedingtheit Rechnung getragen werden muß und auch

die Eigenart der Völker eine Rolle gespielt haben wird.

Die Gleichung: Göttliches Geschehen oder Göttliche Weltord-

nung = Kultordnung = Lebensordnung leitet Spann aus dem Begriff

des Opfers und der zentralen Stellung des Menschen ab. Analog zu

den einzelnen Begriffen dieser Gleichung ließen sich auch wieder die

Merkmale des Opfers nennen.

Göttliches Geschehen — Versenkung

Kultordnung — System von Entsprechungen

Lebensordnung — Verzicht auf Eigenes.

Diese Gleichung beinhaltet letztlich eine sakrale Bestimmtheit der

menschlichen Gesellschaft und läßt zugleich den sittlichen Einfluß

der Religion erkennen. Hier können wir sagen: je mehr Innerlichkeit,

desto höher der Gottesdienst, und je weniger diese reine Innerlichkeit

herrscht, desto mehr Platz nehmen bloße Symbolik und Magie ein, je

dämonischer diese Magie, desto gesunkener die Religion.

Die Abbildung der heiligen Geschichte im Kult erstreckt sich über-

all auch auf Einzelheiten. Denken wir nur an die symbolhafte Ver-

wendung des Kelches im katholischen Meßopfer.

Da die Kultformen Abbildungen des heiligen Geschehens sind,

kann man von ihnen Rückschlüsse auf die Gottesvorstellungen

ziehen bzw. auf spekulativ-theologische Gedanken, die dem Opfer

zugrunde liegen.