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Menschen und der Geschichte auch etwas aus der höheren Ebene der

Vorsehung „zufallen“ kann. Solch ein „Zufall geschichtlichen Stils

ist nur möglich, wenn eine ideale Welt eingreift, wenn eine ideale

Ursächlichkeit höherer Ordnung in die Naturordnung, Geistesord-

nung, Zweckordnung hineinwirkt“ (Bd 12, 319).

Das Grundproblem der Metaphysik der Geschichte ergibt sich

schon aus der Grundfrage und Grundkategorie der Geschichte, die

hier zu einer solchen höherer, ja höchster Ordnung wird, der Frage

nach der Gründung und Entfaltung der Welt: W e l t s c h ö p f u n g

u n d i h r e V e r z e i t 1 i c h u n g , G a n g u n d

G e s e t z

d e r G e s c h i c h t e .

Schöpfung ist die Vermittlung eines Unmittelbaren. Dieses Un-

mittelbare erlebt auch der Mensch, und zwar nicht nur in der Ekstase;

ohne Unmittelbarkeit wäre Denken und Fühlen gar nicht möglich.

Alles Verstehen, die Evidenz (etwa einer Schlußfolgerung), alle Ge-

fühle der Schönheit, der Kunst und der Natur, der Liebe, des Hasses

sind nur durch Unmittelbarkeit und deren Vermittlung denkbar:

„Dieser Weg ist für jeden Menschen deutlich beobachtbar, denn im

kleinen spielt sich dasselbe Leben wie im großen ab. Es ist der Weg

vom Unmittelbaren zum Mittelbaren, der Weg der V e r -

m i t t e l b a r u n g d e s U n m i t t e l b a r e n ; d a m i t i s t

e s z u g l e i c h d e r W e g d e r V e r z e i t l i c h u n g d e s

Ü b e r z e i t l i c h e n ; e n d l i c h d e r W e g v o n d e r

G a n z h e i t a n s i c h z u r A u s g l i e d e r u n g u n d i h r e r

F o r t s e t z u n g , d e r U m g l i e d e r u n g . — Durch Ver-

mittelbarung, Verzeitlichung, Umgliederung geschieht es, daß die

Ausgliederung des Geistes G e s c h i c h t e wird. Der Gang der

Geschichte ist damit aufgedeckt“ (Bd 12, 361). An vielen Beispielen

des geistigen Lebens, insbesondere aber in einem ausführlichen

Kapitel über die Entstehung der S p r a c h e , sucht Spann uns das

Wesen der Vermittlung und des w a h r e n Anfanges nahezubringen.

Die ganzheitliche Geschichtsphilosophie scheint uns in der Tat

die Begriffsmittel zu besitzen, die es ermöglichen, einen Maßstab

anzulegen an die großen metaphysischen Entwürfe der Weltgeschichte.

Hierher gehören die christlichen Geschichtskonstruktionen, vor allem

die des hl. A u g u s t i n u s , wonach der Gang der Weltgeschichte

eine Entsprechung der sieben Schöpfungstage ist, und die des Abtes