Previous Page  186 / 471 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 186 / 471 Next Page
Page Background

186

[155/156]

dem sie die atomhafte Auffassung der Wirtschaft wirklich zu Ende

denken

1

. Das tun im Grunde alle liberalen Klassiker, das tut zuletzt auch

Mengers Begriffserklärung — „Komplikation“ von Einzelwirtschaften

—, die als eigentliche Wirklichkeit doch nur den „Verkehr“

s e l b s t h e r r l i c h e r

W i r t s c h a f t e r

setzt

und

die

„Komplizierung“, die durch „Eingreifen des Staates“ usw. entsteht, als

nebensächlich, als nicht wesensbestimmend denkt. Über seine

Begriffsbestimmung ist die im Individualismus ganz befangene, heutige

Wissenschaft kaum hinausgekommen.

Wenn vonW i e s e r , mehr ins Einzelne gehend, die „Produktionsverwandtschaft“

aller Einzeltätigkeiten und die „Tausch- und Zahlungsgemeinschaft“ als wesentlich für

die Volkswirtschaft bezeichnet, so sind damit zwar bestimmte (selber autark gemeinte)

Merkmale jener „höheren Einheit“ festgestellt, aber diese selbst ist nicht erklärt. — Im

Gefühle, einer Schwierigkeit aus dem Wege zu gehen, spricht man wohl auch statt von

einer Volkswirtschaftslehre von einer „Sozialökonomik“ und schiebt mit der darin

gelegenen Bestimmung der Volkswirtschaft als von „gesellschaftlicher“, von „sozialer

Form“ die Volkswirtschaft selbst beiseite. Gewonnen ist damit nichts, da man über die

Tatsache, daß es eine leibhaftige Volkswirtschaft und ihre Überhöhung durch die

Weltwirtschaft gibt, nicht hinwegkommt.

In Wahrheit ist also, um es zu wiederholen, mit der Bestimmung der

Volkswirtschaft als „Komplikation“ der Einzelwirtschaften, als deren

„soziale Form“ nur die Tatsache der V e r k e h r s w i r t s c h a f t im

individualistischen Sinne festgestellt. Denn jene Bestimmung sagt nur:

Wirtschaften stehen miteinander in Beziehung (in „sozialer

Beziehung“), was besagen will: sie verkehren miteinander. Wo steckt

aber die „Einheit“, die man doch nicht missen will, wo der Quellpunkt,

die Schöpferkraft der Einheit? Denn „soziale Beziehung“, oder

„Verkehr“, in der üblichen atomistischen Weise gedacht, ergibt nur ein

immer

fortgehendes

netzartiges

Aneinanderreihen

der

Einzelwirtschaften, aber keine Geschlossenheit, keinen „Organismus“,

nichts, das irgendwo Einheit und Gestaltung fände. /

II. Die Vereinheitlichungsgründe der Wirtschaft

Um

jener

Unklarheit

zu

entrinnen,

müssen

die

Vereinheitlichungsmomente, welche die gesellschaftliche Wirtschaft

erlangen kann, planmäßig untersucht werden. Es werden sich dann, wie

wir

1

Bezeichnend dafür, weil folgerichtig, besonders Leo Petritsch: Die Theorie von

der sogenannten günstigen und ungünstigen Handelsbilanz, Graz 1902.