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später noch in anderem Zusammenhange darlegen, warum Kapital
höherer Ordnung zu jeder Wirtschaft unentbehrlich ist
1
.
B.
Der V e r k e h r , d i e s o g e n a n n t e f r e i e
V e r k e h r s w i r t s c h a f t
Soll im „Verkehr“ eine bestimmte Art von Vereinheitlichung
gesehen werden und soll Wirtschaft nicht in einen Wirrwarr von
Tauschhandlungen und Tätigkeiten auseinanderfallen, so darf der
Verkehr nicht als die „Beziehung“ von in sich ruhenden, das heißt
schon vor dem Verkehr vorhandenen, vorher sich selbst
bestimmenden, grundsätzlich von s i c h aus selbständigen
Einzelwirtschaften begriffen werden, wie es die herkömmliche
Auffassung will. Verkehr in diesem — individualistischen — Sinne ist
dem Begriffe und der Wirklichkeit nach unmöglich, ist ein Unbegriff /
und ein Unding
2
! „ V e r k e h r “
k a n n
n u r
e i n e
E r s c h e i n u n g s f o r m v o n G a n z h e i t s e i n .
Damit die Verkehrswirtschaft nicht ein Chaos von einzelnen
Tauschhandlungen werde, sondern als ergänzende Verbindung der
Einzelwirtschaften E i n h e i t gewinne, bedarf es als Voraussetzung
des Kapitals höherer Ordnung.
Erst auf der nun geschaffenen Grundlage kann eine bedingt
vereinheitlichende Kraft entstehen, die des freien Wettbewerbes. Der
freie Wettbewerb wird durch verhältnismäßig einheitliche
Preisbildung und darauf fußende Gliederung der Arbeitsteilung eine
(wenn auch nur bedingte und für sich selbst unzulängliche)
vereinheitlichende Kraft der Verkehrswirtschaft — so erst erhält diese
Verkehrswirtschaft die Natur einer „ g e s e l l s c h a f t l i c h e n
Wirtschaft“, „ s o z i a l e n Wirtschaft“.
Die Verkehrswirtschaft ist also nicht als eine a t o m i s t i s c h e Wirtschaft zu
begreifen, in der sich selbständige Wirtschafter durch Tausch „auseinandersetzen“,
sondern als eine solche, die sich auf Grund des jeweiligen Kapitals höherer Ordnung
durch Tausch und Wettbewerb vereinheitlichend g l i e d e r t , wie es oben bei der
Behandlung des Wettbewerbes auseinandergesetzt wurde. Verkehr ist daher ebenso wie
Tausch nur als T e i l n a h m e a n e i n e r G e m e i n s a m k e i t d e s
W i r t s c h a f t e n s u n t e r d e r f o r m e n -
1
Siehe über „Gemeinsamkeitsreife“ unten S. 211 ff.
2
Siehe hierfür den näheren Nachweis in meinem Buche: Tote und lebendige
Wissenschaft, 4. Aufl., Jena 1935, S. 361 ff.