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der Kulturgeschichte, in der Völkerkunde, der Sprachgeschichte, wo
überall bis vor kurzem zum Teil noch geradezu kindliche Vorstel-
lungen von Fortschritt und Höherentwicklung gepflegt wurden, hat
sich, namentlich durch die Ergebnisse der „Wissenschaft des Spatens“,
das Bild überall gründlich geändert.
Was aber noch mehr ins Gewicht fällt, ist, daß auch im allgemei-
nen Lebensgefühle der Glaube an den Fortschritt schwer erschüttert
wurde. Der hochgepriesene Fortschritt der Bildung und Humanität
im Zeitalter des Welt- / Verkehrs hat die Menschheit vor Unmensch-
lichkeit nicht bewahrt, der Fortschritt der Wissenschaft nicht vor
größten Irrtümern, wie die heutige Krise aller Wissenschaften be-
weist
1
. Die erstaunlichsten Fortschritte der Technik haben die Wirt-
schaft vor Krisen und Elend grausamster Art nicht geschützt. Der
bildungsfreudige und zugleich politisch wirksamste Ausdruck des
Fortschrittgedankens, der Liberalismus, ist im Sterben begriffen.
Auch der Marxismus und sein praktischer Verwirklichungsversuch,
der Bolschewismus, müssen darunter, je länger, je mehr leiden, daß
der Glaube an den Fortschritt auf allen Lebensgebieten verblaßt.
Betrachten wir die Sache rein geschichtlich, so ergibt sich: daß
der F o r t s c h r i t t s b e g r i f f zu den s c h w e r s t e n Ku l -
t u r s c h ä d e n g e h ö r t , w e l c h e d i e 1 i b e r a 1 - i n
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d u a l i s t i s c h e Z e i t g e b r a c h t h a t . Denn statt den Menschen
zu bestimmen, die jeweils gegebenen Werte zu erhalten, zu reinigen
und auszubilden, drängt er dazu, überall das geschichtlich Gegebene
als das zu Überwindende zu betrachten, über das ein neuer Fort-
schritt hinausführen muß. Das treibt zu einem Relativismus, der
nicht in der gelehrten Ebene stecken bleibt, sondern unmittelbar
das Leben ergreift und dort zur steten Umsturzbereitschaft, ja zu
stetem Umsturzdrange, zu verhaltenem Revolutionismus, führt!
Und dieser wieder schafft einen Geist, der echter Selbstvertiefung
und letztem Selbstvertrauen feindlich ist.
Zeigt diese Überlegung die geschichtliche Gefährlichkeit des
Fortschrittsgedankens, so zeigt eine einfache sachliche Prüfung, wie
tiefinnerlich unwahr er ist. Wer einmal eine Wahrheit erkannt und
begriffen hat, z. B. daß die Winkelsumme des Dreiecks 180 Grad
1
Vgl. dazu meinen Vortrag: Die Krisis in der Volkswirtschaftslehre, München,
Leipzig 1930.
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