[30/31]
43
Frage bei weitem nicht im Lohn, sondern zu allererst in der
stürmischen Eingliederung, genannt P r o l e t a r i s i e r u n g , be-
ruht. Diese Proletarisierung, Atomisierung, Entgemeinschaftung gilt
es aufzuhalten, rückgängig zu machen. Durch Zerstörung aller
ständisch-genossenschaftlichen Verbände entstand die Arbeiterfrage
und nur durch ihre Wiedererrichtung auf neuer Grundlage kann
sie gelöst werden.
Die Vorsorgen gegen die Entgliederung und Standlosigkeit ha-
ben zu spät und nur als klägliches Stückwerk eingesetzt. Wollten
wir also an die Lösung der sozialen Frage gehen, so geht es — wir
müssen es immer wiederholen — zuerst nicht darum, Sonderschäden
zu bessern, sondern um die Schaffung von Gemeinsamkeiten durch
eine Neuordnung der Wirtschaft in genossenschaftlich-ständischem
Sinne und um die Einordnung des wirtschaftenden Menschen in
diesen Gliederbau der ständischen Organisationen. Das Mittelalter
können wir nicht mehr zurückrufen, aber seine Grundsätze können
wir in zeitgemäßer Form wieder anwenden. G e l i n g t d i e s
n i c h t , d a n n f ä l l t d e r U n t e r n e h m e r d e m K o m -
m u n i s m u s z u m O p f e r , u n d d e r A r b e i t e r w i r d
d o c h n i c h t z u m Z i e l e g e l a n g e n . Denn in jener grund-
sätzlichen Fehlorganisation, die der Kommunismus darstellt (weit
mehr noch als der Kapitalismus) wird auch er keine dauernden Er-
folge zu ernten vermögen. Eingliederung, das ist das Um und Auf
aller Sozialpolitik; oder mit anderen Worten: die Schaffung von
Wirtschaftsgemeinsamkeiten, in denen der wirt- / schaftlich Schwä-
chere seine zielgültige Stelle, seine standesgemäße Rolle gesichert
findet und die Aufstiegmöglichkeiten nicht verschlossen werden.
Daß die Aufgabe der Eingliederung nicht nur eine organisato-
rische, sondern noch mehr, eine geistige ist, das auszuführen ginge
über den Rahmen meiner heutigen Aufgabe hinaus. Nur das sei als
entscheidend betont, daß der Eingegliederte ganz andere Voraus-
setzungen für Gemeingeist hat als der Losgelöste und Ausgestoßene.
Von da aus ergibt sich auch eine neue Führererziehung.
Da man das Wesen der Sozialpolitik nicht erkannte, sah man
auch nicht ein: daß j e d e r w i r t s c h a f t l i c h e V o r g a n g
d i e s o z i a l p o l i t i s c h e n F r a g e n u n d A u f g a b e n
b e r ü h r t und daher sozialpolitische Auswirkungen im Gefolge
hat. Jede Erhöhung oder Erniedrigung eines Z o l l s a t z e s , jede