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immer ein Aufeinandertreffen auf dem Markte — das heißt, es ist
T a u s c h . Daher gibt es zuletzt nur eine Ur- und Grunderschei-
nung für alle individualistische Wirtschaftssystematik und Wirt-
schaftstheorie, den Tausch, und da sich im Tausche die Wert- und
Preisbildung vollzieht, gibt es nur einen Ur- und Hauptbegriff für
alle individualistischen Lehren: den W e r t - u n d P r e i s b e -
g r i f f . Daß alle Erscheinungen der Wirtschaft in Tausch aufgelöst
werden, und daß daher alle wirtschaftlichen Erscheinungen insge-
samt nach dem S c h e m a d e r W e r t - u n d P r e i s b i l d u n g
betrachtet werden, ist das Kennzeichen jeder individualistischen
Theorie. Sei es nun Smith, sei es Ricardo, sei es Senior, sei es Mill,
sei es Menger, sei es Jevons, Walras, Clark, sei es Pareto, Barone,
Cassel — es ist überall derselbe Systemgedanke, der ihre Lehren
gestaltet und trägt, es ist dieselbe i n d i v i d u a l i s t i s c h e
T h e o r i e , auch dann, wenn ihr eine weniger folgerichtig gedachte,
eine mehr „soziale“ Wirtschaftspolitik (statt des reinen laissez faire)
entsprechen sollte.
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Den Vorgang des „Tausches (naturalwirtschaftlich gedacht) und
des „Kaufes und Verkaufes" (geldwirtschaftlich gedacht) hat man
auch mit dem allgemeinen Begriffe „ V e r k e h r “ bezeichnet. Der
„Verkehr" der wirtschaftenden Einzelnen ist es, welcher Gegenstand
der Volkswirtschaftslehre zu sein hat; der „Verkehr“ der wirt-
schaftenden Einzelnen ist es, in welchen ausnahmslos jede Wirt-
schaftserscheinung aufgelöst wird. W i e diese Auflösung näher vor
sich geht, zeigt sich an den Hauptlehren der individualistischen
Volkswirtschaftslehre: die Erzeugung wird als Kauf von Rohstoffen,
von „Elementen“ und Verkauf ihrer „Verbindungen“ (der Erzeug-
nisse) erklärt; die Lohnbildung wird als Kauf und Verkauf von
Kapital, die Einkommensbildung überhaupt als Kauf und Verkauf
der „Produktionsfaktoren" dargestellt, endlich wird auch das Geld
als indirekter Tausch — „Annahme der tauschfähigsten Ware“ —
aufgefaßt: das alles kann als bekannt vorausgesetzt werden, wir
brauchen es hier nicht auseinanderzusetzen.
Indem aber jede Wirtschaftserscheinung rein als „Verkehr“ zwi-
schen einzelnen Wirtschaftern aufgefaßt wird, tritt das ein, was die
ältere und jüngere geschichtliche Schule Deutschlands von den indi-
vidualistisch-liberalen Schulen stets so sehr abstieß: daß es keine
lebendige Wirtschaft mehr gibt. Es gibt nicht nur keine Erzeugung