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ner Arbeitskräfte versetzt wurde. Der Haushalt ist nicht nur „Ver-

brauchsstätte“, wie die liberale Theorie meint („verbraucht“ wird

überall, auch in der Fabrik), sondern zuerst eine Erzeugungsstätte.

Eine solche aber muß das ihr zukommende Eigenleben behalten.

Wird es zerstört, so leidet das Gesamtganze der Wirtschaft.

Alle diese und andere Tendenzen, die sich gegen mechanische

Arbeitsteilung, reinen Wettbewerb, bloß augenblickliche Einträg-

lichkeitsrechnung und reine Verkehrswirtschaft selbst in unserer

individualistisch zermürbten und / durchseuchten Wirtschaft zeigen,

mögen sich einmal die individualistischen Wirtschaftstheoretiker und

Politiker genauer ansehen. Sie werden staunen, eine Welt der Ge-

stalten dort zu finden, wo sie nur einen homogenen Wirbel von

Atomen vermuten. Sie werden staunen, eine Welt des Lebens dort

zu finden, wo sie nur mechanische Gleichförmigkeit und nur me-

chanische Kräfte von Angebot und Nachfrage zu erkennen glaubten.

Das wirtschaftliche Leben der Geschichte und der Gegenwart

zeugt überall von durchgreifendem Streben nach möglichster Selbst-

genugsamkeit. In der Geschichte treffen wir von Anbeginn überall

das Streben nach jener höchsten Selbstversorgung, die in dem

Gefüge der Wirtschaft, in der Art ihres Gliederbaues jeweils vor-

gesehen ist. In den hauswirtschaftlichen und grundherrschaftlichen

Gebilden des Altertums wie des Mittelalters sehen wir das Streben

nach wesensgemäßer Selbstversorgung deutlich vor uns. Um die

möglichste Erreichung dieser Selbstversorgung sind die Leiter der

mittelalterlichen Stadtwirtschaft sowohl wie die merkantilistischen

Staatsmänner bemüht, und um sie drehen sich auch fast alle mer-

kantilistischen Lehrgebäude. In der kapitalistischen Zeit beginnt in

Wahrheit keine Zeit „freier Verkehrswirtschaft“, sondern nur eine

Umbildung und Erweiterung der Gesamtwirtschaftsorganisation,

bei der aber die alte Selbstversorgung der Wirtschaft (nach Maßgabe

der neuen technischen und so fort Anforderungen) in hohem Maße

erhalten bleibt! Nicht nur der Zollschutz, Frachtenschutz, Handels-

schutz, auch der allergrößte Teil des p r a k t i s c h e n Merkantilis-

mus bleibt, zum Teil unbewußt, in Kraft und ist heute wieder stär-

ker und systematischer da als je. Sehen wir von den etwa fünfzig