V.
Die Weltwirtschaft
nach individualistischem und universalistischem Lehrbegriffe
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Gibt es einen solchen Gegensatz in der Begriffserklärung der
Weltwirtschaft? — So wird man, von der herkömmlichen Auffas-
sung ausgehend, fragen. Sieht man aber näher zu, so wird man
gerade an dem Beispiele der Weltwirtschaft die grundlegende theo-
retische und verfahrenkundliche Bedeutung des Gegensatzes indi-
vidualistischer und universalistischer Auffassung klar hervortreten
sehen und gerade hieran auch erkennen, daß sich dieser Gegensatz
nicht, wie man zumeist irrtümlich behauptet, zuerst als ein welt-
anschaulicher und politischer erweist, sondern seinem ersten Wesen
nach durchaus als ein analytisch-theoretischer und verfahrenmäßiger.
A. Die individualistische Auffassung vom Wesen der Weltwirtschaft
Nach individualistischer Auffassung ist alle Wirtschaft dahin zu
verstehen, daß einzelne Wirtschafter aufeinandertreffen, sei es nun,
daß die Wirtschafter als Personen mit Warenmengen gedacht wer-
den (Angebot- und Nachfragetheorie), in welchen Arbeitsstunden
enthalten sind (Ricardo, Marx) oder als Personen, die mit ihren
Wertschätzungen der Waren auftreten (Grenznutzenlehre). Wesent-
lich ist stets, daß das Tun der E i n z e l n e n das Erste ist; das Zu-
sammentreffen, das Sichsummieren dieser Einzelnen aber das Zweite,
das Nachträgliche. Dieses Aufeinandertreffen ist im letzten Sinne
Zuerst erschienen in: Weltwirtschaftliches Archiv, Bd 30, Jena 1929, S. 113 ff.