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k u n f t hereinspielt (wovon später zu sprechen ist), und in der,

was vom Standpunkte der jetzigen Betrachtung hervorzuheben war,

die Vergangenheit nicht schlechthin vergeht, sondern in bestimm-

tem Sinne, gleichsam magisch, erhalten bleibt.

Die Frage: »Wie kann sie erhalten bleiben?“ führt auf eine aus-

zuführende Lehre von der Zeit, diese, wie sich zeigen wird, auf eine

noch tiefer liegende Lehre von der S c h ö p f u n g . — Ferner

drängt sich die Frage auf: „Was ist es denn, das von der Vergangen-

heit erhalten und in der Gegenwart wirksam bleibt?“ — da ja of-

fenkundig nicht die Unendlichkeit der Jahrtausende mit allen Ein-

zelheiten heute lebendig und keinesfalls gleich sehr lebendig, gleich

sehr bedeutsam sein kann.

Mit diesen Fragen stoßen wir auf weitere Denkaufgaben im Be-

griff der Geschichte. Ehe wir uns ihnen zuwenden, müssen wir den

Gang der Untersuchung unterbrechen und einen Blick auf die Ge-

schichte der Geschichtsphilosophie werfen. Denn nur durch jenen

Überblick über das früher Geleistete, den die Lehrgeschichte ver-

mittelt, kann die heutige Geisteslage und Fragestellung richtig ver-

standen, ja überhaupt richtig festgestellt und in ihrer Tiefe auf-

gefaßt werden. Ebenso kann am besten durch die Erkenntnis des-

sen, was frühere Bestrebungen erreichten, und was sie nicht erreich-

ten, die allgemeine Richtung, welche die Untersuchung zu nehmen

hat, beurteilt werden. Endlich wird dadurch auch am be- / quemsten

die spätere Untersuchung mit einem Rüstzeuge von Kenntnissen

versehen.

Es versteht sich, daß wir nur das für die spätere Untersuchung

Wesentlichste aus der Lehrgeschichte herausgreifen.

II.

Geschichte der Geschichtsphilosophie

A. Die n a t u r a l i s t i s c h e G e s c h i c h t s p h i l o s o p h i e

Naturalistische Geschichtsphilosophie im weitesten Sinne des

Wortes ist uns alles, was die Geschichte auf Grund der empiristi-

schen, relativistischen, materialistischen, rationalistischen, positivi-

stischen Verfahren und der diesen Verfahren zugrunde liegenden

Weltauffassung betrachtet. Die naturalistische Geschichtsphilosophie

wurzelt in der Aufklärung.