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brüche) und zwar insbesondere (a) Völkerwanderungen, Eroberun-

gen großen Stils, bei denen sich mehr oder weniger große Kultur-

gegensätze ergeben, aus denen folgen: e n t w e d e r K u l t u r -

d u r c h d r i n g u n g e n

o d e r

K u l t u r s c h e i d u n g e n .

Beide haben die bedeutungsvollsten Folgen, welche die Geschichte

kennt: (a) Völkerdurchdringungen im Sinne von Rassenmischungen

oder -Scheidungen und (ß) die geistigen Durchdringungen oder Kul-

turscheidungen und -brüche. — (b) Verpflanzungen als Siedelungen

oder Kolonien in verschiedener Form, aus denen dann ebenfalls

Kulturdurchdringungen und so fort folgen können. — (c) Verpflan-

zungen als bloße Handelsniederlassungen, Faktoreien (Karthager,

Venedig, zum Teil / auch die englische Kolonialherrschaft von heute,

soweit sie nicht mit größerer Siedelung verbunden ist).

(4)

Eine Sonderstellung erfordern noch die Brüche oder Krisen

in der Wirtschaft. Die Brüche in der Wirtschaft sind nicht das gleiche

wie in den übrigen Teilinhalten der Gesellschaft. Da Wirtschaft ein

„Gebäude der Mittel für Ziele“ ist, hat sie eine einzigartige Stellung

in der gesamten Gesellschaft. Die Gesellschaft ist ein Inbegriff gei-

stiger Inhalte, verwirklicht durch Handeln, die Wirtschaft ein In-

begriff von Mitteln. Die Inhalte der Wirtschaft sind daher nicht

selbständig, sondern nur abgeleitete und ihre Brüche oder „Krisen“

darnach zu beurteilen.

Die wirtschaftliche Krise ist dann gegeben, wenn durch unstetige Umglie-

derungsvorgänge Störungen im Entsprechungsverhältnisse des Gliederbaues der

Mittel („Güter“) auftreten. Das geschieht entweder durch Änderungen der

Ziele (Beispiel: neue Mode) oder durch Änderung der Mittel (Beispiel: neue

Erfindung, Erschließung neuer Rohstofflager, Erschöpfung alter und ähnliches).

Wenn die Leistungen der Mittel auf diese Weise plötzlich versagen oder durch

ihre starke Verminderung auch ihre Entsprechungen gestört werden, tritt

plötzlicher „wirtschaftlicher Zusammenbruch“, „akute Krise“ ein; das Gegen-

teil, der Aufschwung, tritt dann ein, wenn die Leistungen sich steigern. Er-

folgssteigerung (Aufschwung) und Erfolgsminderung (Krise) gehören darnach,

wie ersichtlich ist, zusammen. Denn während z. B. Anwendung und Erzeu-

gung einer neuen Maschine in ihrem Bereiche „Aufschwung“ bedeutet, herrscht

in den durch sie verdrängten Erzeugungszweigen „Krise“. — Darnach kann es

eine allgemeine Krise ebensowenig geben wie einen allgemeinen Aufschwung.

Es gibt nur Zeiten vorherrschenden Aufschwunges und vorherrschender Krise.

Daß solche Zeiten einander abwechseln, ist selbstverständlich, daß es aber

„Konjunkturzyklen“ als gesetzliche Wiederkehr von Aufschwung und Krise

gäbe, ist ein marxistisches Märchen, das nur von materialistischen Wirtschafts-

geschichtlern heutigen Schlages geglaubt wird. Die nüchtern betriebene Wirt-

schaftsgeschichte weiß nichts davon.

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