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Es gibt eine der Metaphysik offene und eine ihr verschlossene Wissenschaft.

Die letztere ist Wissenschaft der Verfallszeiten.

Diese Zeiten überschätzen auch das Wissen grundsätzlich. Unbeschädigter

sittlich-religiöser Sinn kann manchen Wissens entraten. Erst der zerrissene, an

seinem Wesen irregewordene Mensch muß durch Wissen und Erwägungen wieder

den Weg zum Herzen finden. Das gelingt, wenn das Wissen wieder auf seinen

Eingebungsgrund, auf eine Erschütterung und Bewegung des Inneren, zurück-

geführt wird.

3. Die übrigen Kulturgebiete

Das gleiche Bild zeigt die Geschichte der Kunst. Auch die Kunst

ist Vermittelbarung des Unmittelbaren, aber nicht indem sie die

Engebung — durch den Begriff — als G e g e n s t a n d , sondern

indem sie sie als G e s t a l t ergreift und darstellt. Ebenso soll das

Kunstwerk durch die Gestalt, das Mittelbare, zugleich wieder zum

Unmittelbaren, zum Eingebungsgrunde, zurückführen. Dasselbe

innere Mitleben mit den Dingen lebt am Grunde der Kunst wie der

Wissenschaft.

Geschichtlich weist auch die Kunst innigste Verflechtung mit den

religiösen und übersinnlichen Angelegenheiten der Menschen auf.

Die Urkunst jeder Art ist durchaus magisch-kultisch; in der ge-

schichtlichen Zeit bewundern wir die enge Verbindung der Bau-

kunst, der Musik, des Dramas mit dem Kultus. — Wie die ältesten

Sprachdenkmäler, so stehen auch die ältesten Denkmäler der Kunst

in höchster Vollendung da. Von der ältesten Bildnerei der Eiszeit

bis zu Homer finden wir das Unübertreffliche in der Kunst geleistet.

Auf alle Teilgebiete der Kultur hier einzugehen, würde vom

Ziele abführen. Daß die Betrachtung des Ganges der Geschichte in

S i t t l i c h k e i t , R e c h t , S t a a t , K i r c h e u n d S i p p e

überall zu demselben Ergebnis führen würde, ließe sich unseres Er-

messens unschwer beweisen. Auch sie dienen der Vermittlung des

Unmittelbaren und sollen doch zugleich zum Unmittelbaren zu-

rückführen. Aber freilich sind sie selbst schon abgeleiteter Art und

haben als / Recht und Sittlichkeit nur das Vollkommene der ur-

sprünglichen Geistesinhalte als Ziel ins Auge zu fassen; als Anstalten

es aus dem Leben der Einzelnen hervorzulocken und zu sichern. —

Alle diese Kulturgebiete sind eng an das Religiös-Metaphysische an-

geschlossen. Es gibt überall nur heiliges Recht und metaphysisch be-