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stimmte Lebensformen. Der für alle altarischen Kulturen gültige

Satz „Weltordnung = Kultordnung = Rechtsordnung“ ist um so

mehr für die Urzeit, ja für alle echten Kulturen der Geschichte über-

haupt, gültig

1

. — Selbst im Bereiche der äußeren Mittel des Lebens,

in der W i r t s c h a f t , finden wir, soweit Geschichte und Völker-

kunde zurückschließen lassen, vollkommene Zustände am Anfang.

Wie es nur heiliges Recht, heiligen Staat gab, so auch nur religiös

ausgerichtete Wirtschaft. Darum war sie auch sittlich vollkomme-

ner als die heutige, sie war nämlich geordnete, genossenschaftliche,

ständische Wirtschaft, eine W e l t d e r f r ö h l i c h e n A r b e i t ,

die enger mit der Einheit des Lebens verbunden blieb, als dem Men-

schen von heute begreiflich ist

2

. — Nur in der A r b e i t s k u n s t

o d e r T e c h n i k muß ein wahrer Fortschritt zugestanden wer-

den, wenngleich in eingeschränktem Sinne. Denn jede Arbeitskunst

(Technik) steht in Entsprechung zu der gesamten Lebensordnung

und Wirtschaftsordnung, die stets nur sehr verschiedene Arbeits-

künste verlangt und ermöglicht. Ist dieser „Fortschritt“ eine Wider-

legung des von uns behaupteten menschlichen Weges von oben nach

unten? Bei näherem Zusehen erweist sich gerade er als eine Bestäti-

gung desselben. Denn je mehr der menschliche Geist aus seiner un-

mittelbaren Verbundenheit mit Menschheit und Natur heraustritt,

um so mehr bedarf er der äußerlichen Hilfsmittel, um so mehr der

äußeren Kunst, um so mehr auch der äußeren Veranstaltung (Orga-

nisation). Doch dürfen wir uns nicht darüber täuschen, daß es auch

verschollene hohe und feinste Arbeitskunst gibt und dürfen gewiß

sein, / daß es keiner Zeit unmöglich war, jene äußeren Aufgaben, die

sie zur Erfüllung ihrer innersten Ziele brauchte, zu bewältigen.

Auch darf nie übersehen werden, daß die Vorgeschichte nur zehn-

tausend Jahre überblickt, während uns die Arbeitskunst wer weiß

wie lange Zeiten vorher unbekannt ist.

Derselbe Grundsatz fortschreitender Vermittelbarung hat auch

jene Erscheinung erzeugt, der wir schon begegneten und die oft

bemerkt wurde, die verhältnismäßige Besonderung und V e r s e 1 b -

1

Näheres vgl. mein Buch: Gesellschaftslehre (1914), 3. Aufl., Leipzig 1930,

S. 484 ff. und 371 [4. Aufl., Graz 1969, S. 445 und 575 ff.].

2

Näheres vgl. mein Buch: Tote und lebendige Wissenschaft (1921), 5. Aufl.,

Graz 1967, S. 342 ff.