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Das alles darf und muß die Religionsphilosophie voraussetzen.

Jedoch sei, was den Geist betrifft, an das Wichtigste hier erinnert.

F i c h t e lehrte die Spontaneität des Geistes, die er in unüber-

trefflicher Einfachheit S e l b s t s e t z u n g nannte und legte damit

einen nicht mechanistischen Grundzug alles Geistigen klar, so klar,

wie es nie zuvor gelang. Allerdings lehrten auch Kant und vor ihm

schon Gottfried Wilhelm von Leibniz die Spontaneität, ja es lehrte

schon P l a t o n die „Selbstbewegung der Seele“, welche Lehre A r i -

s t o t e l e s aufnahm und welche sich überhaupt bei allen Mystikern,

bei den altindischen sowohl wie bei den neuplatonischen und mittel-

alterlichen findet. Aber keiner machte so sehr wie Fichte in seiner

„Wissenschaffslehre“ diesen Begriff zum Mittelpunkt der Geistes-

lehre. Alles Körperliche unterliegt nach den Lehren der modernen

Physik dem Gesetz der „Trägheit“, das Geistige hingegen ist nach

Fichte und all den Genannten das aus sich selbst heraus Aktive,

sich selbst Bewegende, sich selbst Setzende — also das Gegenteil

jener Trägheit.

Überdies lehrten Fichte und seine Nachfolger die S e l b s t v e r -

g e g e n s t ä n d l i c h u n g als Wesenszug des Geistes, sie zeigten,

daß der Geist Subjekt-Objekt sei, ein Subjekt, welches sich selbst

zum Objekt mache — worin eben das S e l b s t b e w u ß t s e i n

besteht. Der modernen Seelenlehre ist diese große Wahrheit aller-

dings wieder entglitten und heute völlig unbekannt. Nur auf diese

Weise ist aber F r e i h e i t im gesamten Geistesleben (nicht nur des

Willens allein) denkbar — während alle anderen psychologischen

Schulen dem Geist heute mechanistische Notwendigkeit zuschreiben.

Endlich müssen wir noch jene m i t t e l b a r e n E i n w ä n d e

zurückweisen, wie sie mit der bekannten Einteilung der Mystik

etwa in angeblich „intellektuelle“, „voluntaristische“, „quietistische“

und andere mehr gegeben sind; desgleichen die Einteilung der Reli-

gion in „mystische“ und angeblich „prophetische“. So sagt z. B.

Friedrich Heiler: „Die Mystik ist passiv, quietistisch, resigniert, kon-

templativ — die prophetische Frömmigkeit aktiv, fordernd und

verlangend, ethisch ... Der Mystiker ist ein Verzichtender . .. der

Prophet ein Kämpfer“

1

. Das ist viel zu äußerlich gesehen, verkennt

1

Friedrich Heiler: Das Gebet, Eine religionsgeschichtliche und religions-

psychologische Untersuchung, 5. Aufl., München 1923, S. 255.