Table of Contents Table of Contents
Previous Page  276 / 413 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 276 / 413 Next Page
Page Background

276

überhaupt abzielt, Sittlichkeitscharakter hat. Das Schöne selbst

aber ist nicht sittlich; es ist etwas Arteigenes. Die

ljƾNJǎljĮDŽĮijǁĮ

Platons gießt die Verbundenheit des Schönen und Guten in ein

treffliches Wort, das eine höhere Art des geistigen Lebens ausdrückt,

wobei das Schöne und Gute jedoch durchaus eigenständig bleiben.

Wie umfassend richtig Spanns Begriff des Schönen ist, zeigt sich

auch darin, daß er in der Lage ist, das Unsittliche und Böse zu um-

greifen. Auch das Unvollkommene, Unsittliche, Böse hat seinen

Platz im „Schönen“. Um ein Abgleiten in das Nur-Dämonische zu

verhindern, muß der Widerspruch zur göttlichen Weltordnung und

zur menschlichen Gemeinschaft gezeigt werden. Derart gesehen,

ist in allen Kunstwerken die Darstellung des Bösen und des Übels

möglich und oft sogar notwendig.

Zur Kunst gehört auch die Liebe. In der Schönheit ist an sich

keine Liebe enthalten, aber mittelbar wird sie an ihr. Fehlt die Liebe,

ist echte Kunst ebensowenig möglich wie echte Wissenschaft (Bd 19,

275 ff.). Die Liebe überwindet auch die Düsternis, die das Kunst-

werk bedroht. Das Schöne schließlich mündet ins Heilige, die hohe

Kunst in die Metaphysik.

III.

III. Die Arten des Schönen

Es liegt im Wesen der Sache, daß es Arten des Schönen geben muß.

Schon die Stufenleiter des Schönen vom Einfach-Schönen zum

Hohen-Schönen erläutert diese Aussage, die jedem Künstler und

Kunstbetrachter klar sein müßte. Die Hohe Schönheit hängt nicht

von der Art des Gegenstandes ab, wie z. B. Adalbert Stifters „Bunte

Steine“ oder Caspar David Friedrichs Naturlandschaften zeigen.

Überhöht wird allerdings das Schöne in seiner erhabenen Erschei-

nungsweise, wo es nicht nur die Eingebung, sondern auch den Inhalt

des Übersinnlichen darstellt. Spann unterscheidet als Arten des

Schönen auf Grundlage der Rückverbundenheit (Bd 19,

301 ff.):

das Mystisch-Schöne, das Frohlockend-Schöne und Tragisch-Schöne

und schließlich das Unholdisch-Schöne. Als Beispiel aus der bildenden

Kunst möge für das Mystisch-Schöne Meister Grünewalds Gemälde in

Colmar gelten, während das Frohlockend-Schöne am besten in