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und Staatsgedanken für die inner- und überstaatliche Ordnung, für
das Zusammenleben von Volksgruppen oder Völkern in sich for-
mierenden Großräumen wie jenem Europas im Sinne eines echten
Pluralismus unter Wahrung von Eigenleben.
Ein Werk, dessen neues Wissenschaftsbild auch dadurch geprägt
ist, daß es der Geschichtsvergessenheit unserer Zeit und der moder-
nen Wissenschaft die Notwendigkeit einer Besinnung auf das Ge-
schichtliche im allgemeinen, eine Anknüpfung an die Lehrgeschichte
in den Einzelwissenschaften und in der Philosophie im besonderen
wiederum nahezubringen sucht.
Ein Werk, das darüber hinaus in seiner metaphysischen Grundaus-
richtung die Bedeutung der Philosophie für unsere Zeit, vor allem
auch der Religionsphilosophie im Sinne des ökumenischen Anliegens
von heute für ein echtes gegenseitiges Verständnis der großen Welt-
religionen, wiedererobert.
Ein Werk endlich, und mit ihm die Leistung einer Schule, womit
als bleibend ebenfalls die Wiederentdeckung und entsprechende
Würdigung der Romantik, insbesondere auch der Fruchtbarkeit von
deren Staats- und Gesellschaftslehre, verbunden ist. Auf ganzheit-
licher Grundlage wird damit zugleich einer nahezu allen konserva-
tiven Strömungen gemeinsamen Schwäche begegnet: ihrer vorwie-
gend nur gefühlsmäßigen, irrationalen oder gar „reaktionären“ Be-
gründung, die in einer Zeit gesellschaftlicher Auseinandersetzung
wie heute, aber auch für die Zukunft unzulänglich bleiben muß.
Spann steht damit, mit der Leistung und dem Beitrag seines
Werkes, vollgültig in der goldenen Kette, in der „aurea catena“,
der großen Geistestradition.
Ein weiser Spruch Kung-fu-tses besagt: „Die Pflicht als Grund-
lage, Anmut beim Handeln, Bescheidenheit in den Äußerungen,
Treue in der Durchführung, wahrlich so ist ein Edler!“. —Ein solcher
war, wie der Biograph abschließend zu behaupten wagt, seinem
innersten Wesen nach Othmar Spann; ein Mann, dessen Gestalt,
dessen Werk und Leben ein bleibender Aufruf an uns und an die
Zeit. Ein Treuhänder dessen, was immer gilt!