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satze „Mozarts Größe“ selbst ein Denkmal gesetzt hat
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(Wieder-
abdruck Bd 7, 335 ff.). Über „Mozarts hohe Schule“ heißt es darin:
„Was Mozart ist, zeigt sich daran, daß er die Überirdischen und die Unter-
irdischen in allen Gestalten selbst auftreten läßt und nicht davor zurückschreckt,
jene höhere Welt, welche, wenngleich verborgen, doch die größte und bestim-
mendste Wirklichkeit auch für die niedere besitzt, uns leibhaftig vorzuführen.
Nur wenige, wie Homer, Dante, Shakespeare, Goethes Faust, Novalis, leben
in gleicher Höhe.
Darum wer sich selbst kennen und sich immer höheren Kräften öffnen will,
der gehe zu Mozart in die Schule, er wird nie auslernen.
Nicht Prometheus fürwahr stahl das Feuer den himmlischen Göttern, Mo-
zart trug es herab; sehend macht er das Herz“ (Bd 7, 347 f.).
Der letzte Abschnitt zur Sittenlehre in der „Gesellschaftsphilo-
sophie“ ist betitelt „Von der Freude“, und Spann schreibt da:
„Wenn Leiden läutert und weckt, daher so allverbreitet ist wie das Unvollkom-
mene, welches durch Läuterung zur Vollkommenheit gebracht werden soll; so
folgt daraus von selbst, daß jener Zustand, der sich der Vollkommenheit annähert,
selten, überaus selten sein müsse und kostbarer als alles — die Freude! Hinter
den Wolken der Nacht des Leidens wohnt der Himmelsglanz der Freude . . .
Die freudigsten Menschen sind, wenn sie sonst die Abgründe des Lebens kennen,
die Vollkommensten . . . bei allen wahrhaft großen Meistern . . . sehen wir die
überirdische Freude sieghaft durchbrechen. — Aber man ermesse daran die
Unvergleichlichkeit Mozarts! Seine Musik ringt nicht um Freude, sie hat die Art
der Freude. Inmitten tiefsten Ernstes, inmitten der grausigsten Blicke in die
Naturverschlungenheit des Menschen, in den Abgrund menschlicher Dämonie . .
.
bewahrt er die himmlische Heiterkeit, die Freude, die keiner nennt. Unberühr-
bar schwebt sie über allem . . . Die Freude ... ist Bote aus einer höheren Welt,
ein Metaphysikum!“ (Bd 11, 242 ff.).
Wie schon an anderer Stelle aufgezeigt, stellt in Spanns gesamter
Philosophie, am deutlichsten naturgemäß in der Religionsphiloso-
phie, die Mystik die höchste Stufe dar. Er war jedoch der Meinung,
daß dies nur unter zwei Voraussetzungen zuträfe: einmal, daß die
mystischen Erlebnisse auch der begrifflichen Deutung bedürfen,
wobei je entfalteter diese Begriffsdeutung und rationale Erkennt-
nisfindung durch Hindurchschreiten der höchsten Stufen des Wis-
sens, desto höher auch die Mystik einzuordnen sei; zum zweiten
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Zuerst erschienen in: Ständisches Leben, Jg 3, Berlin—Wien 1933, S. 667 ff.; gesondert
sodann Wien 1948
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