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erschienener Aufsatz trägt den bezeichnenden Titel „Vom Gemein-
leben des Menschen mit der Natur“
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(Wiederabdruck Bd 8, 313 ff.);
darin heißt es abschließend:
„Schließlich wird man den Lehrbegriff von den immateriellen Wurzeln der
Materie leichter verstehen, wenn man ihn als eine gereinigte Ansicht aller jener
Zeiten, welche etwas Seelenartiges in den Naturerscheinungen sahen, auffaßt,
wofür ja auch die platonische Ideen- und die aristotelische Formenlehre nichts
als ein Beispiel bestimmter begrifflicher Fassung sind.
Eine Berührung dieser gleichsam seelenartigen Wesen mit dem menschlichen
Geiste (sozusagen hinter den Kulissen) ist dann im Grunde nicht mehr befremd-
lich.
Diese Ansicht der Natur allein erklärt Instinkt und Sinnesempfindung; sie
allein erklärt aus dem Ganzen zum Gliede herunter; sie allein das Gemeinleben
des Menschen sowie der gesamten organischen Wesen mit der Natur; und sie
allein gibt dem Menschen seine Würde als Ideenführer, wonach er mittelbar
der Herr der Natur ist, zurück“ (Bd 8, 339 f.).
Im Nachlaß Spanns fand sich weiters die Handschrift „Geist
und Leib im menschlichen Organismus. Einleitung zu einem ge-
planten Buche: Versuch über die Einteilung der Krankheiten“
(Bd 8, 341 ff.). Besonders bemerkenswert ist die darin entwickelte
Konstitutionen- oder Typenlehre; so, kennzeichnend für Spann,
heißt es da:
„Der allgemein geistige Habitus ist es also, welcher für den Gesundheitszustand
bedeutsam wird, indem er entweder durch Lebenslust vollkräftige Ausübung der
organischen Tätigkeiten oder durch Lebensüberdruß deren geschwächte Aus-
übung herbeiführt; und indem er so den naturverbindenden und gattungsver-
bindenden Organen auf verstärkte oder geschwächte Weise zugewandt ist . . . Die
Geistesferne des leiblichen Organismus zu verstehen und doch den Geist als
dessen letzten Hintergrund zu begreifen, ist der Schlüssel für das verborgene
Wesen von Krankheit und Gesundheit“ (Bd 8, 373, 377).
Das für den ganzen Freundeskreis um Spann vielleicht am un-
mittelbarsten Erhebende war, wie schon angedeutet, seine ungemein
gewinnende, mozartische Heiterkeit. Mozart war es auch, den Spann
als schöpferische Gestalt über alles liebte und dem er in dem Auf-
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Zeitschrift für Philosophische Forschung, Bd 4, Heft 4, Meisenheim am Glan 1950,
S. 527 ff.