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W e n n ein Lehrbegriff mit individualistischen Bestandteilen arbeitet, z. B.

die Staatslehre mit dem Begriffe der „Vo l k s s o u v e r ä n i t ä t“, die Volks-

wirtschaftslehre mit dem des „Eigennutzes“, so drängen diese Bestandteile,

in ihren Voraussetzungen zu Ende gedacht, unentrinnbar zum Begriffe des

absoluten, in sich selbst beruhenden Einzelnen! Ferner: W e n n ein Lehr-

begriff mit universalistischen Bestandteilen arbeitet, so drängen diese Bestand-

teile, in ihren Voraussetzungen .zu Ende gedacht, unentrinnbar zum Begriffe

echter Ganzheit.

Diese beiden Sätze müßten die Gegner zum Ausgangspunkte der Ausein-

andersetzung nehmen. Das werden sie aber unterlassen, denn auf diesem Boden

ist für sie kein Sieg zu holen.

Es folgt daraus: daß der Gegensatz zwischen Einzelheits- und Ganzheits-

lehre ein strenger, ein ausschließender ist.

Es folgt auch daraus, daß der individualistische oder der universalistische

Standpunkt eine unerläßliche Voraussetzung für jede gesellschaftswissenschaft-

liche „Induktion“ wie für jede gesellschaftswissenschaftliche Begriffsbildung,

jedes Lehrstück ist. Es ist u n m ö g l i c h , s i c h a u ß e r h a l b d i e s e s

G e g e n s a t z e s z u s t e l l e n . Wir haben an anderer Stelle

1

nachgewiesen, wie

die psychologische und mechanische Schule und alle ähnlichen Schulen, indem sie

den Begriff der Wechselwirkung anwenden, eben damit auch den des selbständigen

Einzelnen anwenden, also individualistisch sind. Und wir haben auch nachgewie-

sen, daß die Voraussetzung, u r s ä c h l i c h e Erscheinungen in der Gesell-

schaftslehre theoretisch zu erfassen, gleichfalls auf die individualistische Voraus-

setzung der Wechselwirkung selbständiger Kraft- / Zentren (Atom, Einzelner)

zurückgeht

2

. Auch dieser Standpunkt ist also individualistisch.

Alles überblickt, rührt die Gegnerschaft gegen das Lehrstück vom

individualistischen und universalistischen Wesen der Gesellschaft

zuletzt nur daher, daß alle Gegner unbewußt auf einem individuali-

stischen Standpunkte stehen, ohne es zugeben zu wollen; und daß

sie ferner den universalistischen nicht verstanden haben.

Beweisgründe gegen die Richtigkeit der universalistischen Auf-

fassung darf man Vorbringen, wenn man aber die Berechtigung des

Gegensatzes anficht, dann beweist man, daß man noch kein Kenner

der Frage ist.

3.

Einwand: Der Universalismus vernichtet die Persönlichkeit

und Lebendigkeit des Einzelnen

3

.

4.

Einwand: „ ... und es gibt doch nur Einzelne!“

Darauf ist zu erwidern: Ja, mit leiblichen Augen gesehen. Betrachtet man aber

das Geistige an den Einzelnen, so findet man es nur gliedhaft bestimmt, nur als

Glied von Gezweiungen möglich. „Glied“ deutet aber auf „Ganzheit“! Darum:

wer über das bloße Netzhautbild der gesellschaftlichen Erscheinungen hinausgeht

1

Siehe oben S. 21 ff. und 51 ff., unten fünftes Buch, S. 633 ff.

2

Siehe darüber noch unten fünftes Buch, S. 633 ff.

3

Siehe darüber oben S. 148, 134 ff. und 158 ff.

15 Spann, 4