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gefühl, ist es an dieser Stelle vielleicht nicht überflüssig, festzustellen, daß das

Naturgefühl genau so alt ist wie der Mensch selbst. Die alte deutsche Natur-

philosophie

1

weist es uns in der tiefsten Gestalt, bei Augustinus und vielen alten

Schriftstellern finden wir laute Zeugen davon. Der Indologe Leopold von Schröder

sagt darüber in einem Vortrage „Altarische Religion“ folgendes: „Zu den am

stärksten hervortretenden Eigenschaften der alten Arier gehört das lebendigste

Naturgefühl... die Ehrfurcht vor ihrer Größe, die Freude an ihrer Schönheit.

Wir finden dies Naturgefühl in herrlichster Weise bei den Indern entwickelt. Es

offenbart sich schon in der ältesten Zeit, in den Liedern des Veda... Es lebt

ebenso kräftig im Griechenvolke, von Homer bis Theokrit, es bildet beim Ger-

manen von der ältesten bis auf die neueste Zeit einen wesentlichen Teil seines

seelischen Lebens... ebenso bei den Kelten — während es bei den Römern

auffallend abgedämpft erscheint, vielleicht infolge einer in dieser Hinsicht un-

günstigen Rassenmischung. Dasselbe Naturgefühl tritt aber auch bei den weniger

begabten Gliedern der arischen Völkerfamilie zutage. Wer jemals das lettische

Sonnwendfest miterlebt h a t . . . der weiß etwas von dem fast berauschenden Na-

turgefühl der Letten. Und wer auch nur die Götterverzeichnisse der alten Litauer

sich ansieht, der wird ähnliche Eindrücke gewinnen, ein Birkengott, ein Bienen-

gott, eine Buschfrau, ein Waldgott und so fort... um von Sonne, Mond und

Feuer ganz zu schweigen ...

Zum Himmel schauten die Arier auf und nannten ihn Vater, vom Himmel

herab strömte das befruchtende Naß des Regens, das belebende, herzerfreuende

Licht. Die Erde war ihnen die ... alles gebärende Mutter ... die Sonne ... (das)

Auge des Himmelsgottes.. .“

2

.

II. Die philosophische und mystische Abgeschiedenheit

Äußere Einsamkeit ist noch nicht der innere Zustand der Abge-

schiedenheit. Theorien dieses inneren Zustandes finden sich notwen-

dig in jeder metaphysischen Philosophie und Religion, sofern jede

metaphysische Vorstellung zur Gottesgemeinschaft drängt. Diese

Theorien sind aber nicht gleich.

Eine geschichtliche Betrachtung ist hier nicht beabsichtigt. Be-

sonders würde eine Behandlung der Bekenntnisse des Christentums

zu weit führen. Hingegen erfordert es die Neuheit des Gegenstan-

des, die fünf typischen Formen, die im folgenden herausgegriffen

werden, etwas ausführlicher zu behandeln.

1

Jakob Böhme und die mittelalterliche Mystik.

2

Leopold von Schröder: Reden und Aufsätze, vornehmlich über Indiens

Literatur und Kultur, Leipzig 1913, S. 348 ff.