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lieben, sondern um des Höheren willen, das es widerspiegelt. So

läßt man die Dinge selber stufenweise fallen, je höher man empor-

steigt. Schreitet man fort von den Leibern zur Seele, so sucht man

nun nur noch das Seelische in allen Leibern; dann wieder im Seeli-

schen die schönen Bestrebungen, schreitet weiter fort zu den Er-

kenntnissen, die „vielfältiges Schöne schon im Auge habend nicht

mehr bei einem Einzelnen“ verweilen, sondern ganz aufs Allge-

meine gehen und so auf die hohe See des Schönen selber führen.

Die Dinge selbst werden wertlose Gefäße; was sich in ihnen spiegelt,

das ist das an sich Wertvolle. So wird der letzte Schritt vollzogen,

das S c h ö n e a n s i c h

(

αυτό τό καλόν

),

die unwandelbare,

transzendente Idee, die Gottheit selber, an der die irdischen Dinge

nur als Symbole oder Spiegelungen Anteil haben, wird in unmittel-

barer Erkenntnis geschaut.

/

In diesem abgeschiedenen Schauen liegt wohl eine Überwindung

der Welt, aber nicht eine solche, bei der sich die Individualität selbst

aufgäbe. „Meinst du wohl, daß das ein schlechtes Leben sei, wenn

einer dorthin sieht und jenes erblickt und damit umgeht? Oder

glaubst du nicht, daß dort allein ihm begegnen kann, indem er

schaut, womit man das Schöne schauen muß; nicht Abbilder der Tu-

gend zu erzeugen, weil er nämlich auch nicht ein Abbild berührt,

sondern Wahres, weil er das Wahre berührt? Wer aber wahre Tu-

gend erzeugt und aufzieht, dem gebührt, von den Göttern geliebt zu

werden, und wenn irgendeinem andern Menschen, dann gewiß ihm

auch, unsterblich zu sein.“

1

Für die Abgeschiedenheitslehre Platons ist die im Theaitetos

erzählte Anekdote von Thaies bezeichnend, der beim Beobachten

der Sterne in den Brunnen fällt, was ihm den Spott einer thraki-

schen Magd einträgt. Der Philosoph „strebt zu erfahren, was am

Himmel sei“, von den Dingen zu seinen Füßen sieht er nichts, nichts

von der Welt und den Menschen; dagegen untersucht er, „was der

Mensch an sich sein mag“ und was ihm kraft seiner Natur zukommt,

zu tun und zu leiden

2

— er bleibt trotz der weitabgewandten

Richtung des Geistes t ä t i g und sittlich gewendet! Ja, dies befä-

1

Platons Werke, übersetzt von Friedrich Schleiermacher, Bd 2/2: Das

Gastmahl, 3. Aufl., Berlin 1856, S. 212.

2

Platons Werke, übersetzt von Friedrich Schleiermacher, Bd 2/1: Theaitetos,

3. Aufl., Berlin 1856, S. 174 B.