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In solch grauenvoller Verirrung sich nicht mitreißen zu lassen, ist höchste

Pflicht jedes Einzelnen. Es gibt kein anderes Kennzeichen für das Kunstwerk

als seinen metaphysischen Gehalt. Dieser metaphysische Gehalt spricht sich in

der G e s t a l t , in der geheimnisvollen D u r c h g e s t a l t u n g des an sich

weniger wichtigen, weil metaphysisch durchleuchteten „Inhaltes“ aus. Freilich ge-

nügt „Gestalt“ für sich noch nicht. „ G e s t a l t “ a l l e i n i s t n o c h n i c h t

„s c h ö n“. „Gestalt“ ist nur Einheit von Äußerem und Innerem (durch Ge-

zweiung höherer Ordnung). Erst indem die Gestalt sich zum Träger des Über-

sinnlichen macht, wird sie schön. Nur d a s j e n i g e i s t e i n w a h r e s

K u n s t w e r k , w a s a n d a s k o s m i s c h e G e h e i m n i s r ü h r t . Denn

jedes Ding hat allein Wert als Träger und Enthüller seines eigenen übersinn-

lichen Wesens. — Daher die innige Verwandtschaft von Kunst und (man verstehe

es recht!) Magie. Kaum ein Thema Mozarts, das nicht magisch wäre. Sein Held

in der „Zauberflöte“ ein Zauberlehrling. Kunst ist Urzustand des Geistes, die

urweltliche Kultur notwendig beherrscht von Religion und Kunst, aber arm an

begrifflicher Wissenschaft.

Ein vollgültiges Zeugnis für diese unsere Auffassung und alles, was wir oben

über die Stellung der Kunst im subjektiven und objektiven Geiste sagten, sind

die Ä u ß e r u n g e n a l l e r g r o ß e n D i c h t e r , die, wenn man sie zusam-

menstellte, ausnahmslos ihrem letzten Sinne nach dasselbe sagten. Sie hier wieder-

zugeben ist unmöglich. Wie führten früher Uhland an, nun lassen wir für alle

noch Eichendorff sprechen, welcher oft und mit Glück versucht hat, die Tat

des Dichters in ihrem Wesen zu erklären.

„Der Dichter kann nicht mit verarmen;

Wenn alles um ihn her zerfällt,

Hebt ihn ein göttliches Erbarmen —

Der Dichter ist das Herz der Welt.“

„Den blöden Willen aller Wesen,

Im Irdischen des Herren Spur,

Soll er durch Liedeskraft erlösen,

Der schöne Liebling der Natur.“

Z u s a t z ü b e r d i e G e s c h i c h t e d e r K u n s t

Die Geschichte aller Kunst zeigt zwei große Gegensatzpaare: N a t u r a l i s -

m u s (Realistik) und S y m b o l i k (Sinnbildlichkeit); K l a s s i k u n d R o -

m a n t i k . Liegt das Wesen der Kunst darin, die Eingebung nicht als Gegen-

stand zu denken, sondern zu g e s t a l t e n , das Urbild darzustellen, so muß

es diese zwei Gegensätze geben, ja sie müssen notwendig alle Kunstgeschichte

beherrschen.

A.

N a t u r a l i s m u s u n d S i n n b i l d l i c h k e i t

1 1

1 . D e r N a t u r a l i s m u s

in der Kunst besteht in einem allzugroßen Verweilen am Individuellen, Kon-

kreten der erfahrenen Wirklichkeit. Und das be- / deutet eine Verdunkelung

des Urbildes, das die Kunst durch die Gestalt des Gegenstandes hindurchschim-

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