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Der Abschluß von Konkordaten bildet ein anderes Beispiel der

Leistung des Staates als Höchststand. Denn hier handelt es sich

nicht nur um eine Aufgabe auswärtiger Politik gegenüber dem Vati-

kan, sondern ursprünglicher Weise darum, ständische Lebenskreise,

vornehmlich das kirchlich-religiöse Leben und das der Erziehung

(in der Folge das gesamte übrige Leben einschließlich des inneren

und des äußeren Staatslebens) in ein bestimmtes Verhältnis zum

Gesamtleben und zum Staate zu bringen.

3.

Die a u s h e l f e n d e n o d e r s u p p l i e r e n d e n

A u f g a b e n

Überall wo die unteren Stufen versagen, müssen die höheren ein-

treten. Das ist ein ganz allgemeines Gesetz der Veranstaltung des

Stufenbaues überhaupt

1

. Der Staat als Höchststand ist die höchste

Stufe des Handelns (der Anstalten) und unterliegt daher diesem Ge-

setz. Auch der Staat muß dort, wo einzelne Stände versagen, für sie

eintreten und ihre Aufgaben übernehmen. Als in der kapitalistisch-

liberalen Zeit das Wirtschaftsleben in sich selbst mehr oder weniger

standlos geworden war und daher versagte, mußte der Staat mit der

s t a a t l i c h e n S o z i a l p o l i t i k eingreifen. In heutigen Ta-

gen, wo die Wirtschaft sich immer mehr von selbst körperschaftlich

gestaltet, tritt auch die sozialpolitische Bedeutung des Staates zurück.

Man denke nur an den Kollektivarbeitsvertrag, den die Körper-

schaften untereinander abschließen. Er hat mehr an Sozialpolitik

geleistet, als viele andere Staatsverordnungen vorher leisten konn-

ten.

C. Der S t a a t u n d d i e a n d e r e n S t ä n d e

Eine ausgeführte Staatslehre hier zu geben ist nicht am Orte.

Doch sei noch auf einige wichtige Punkte kurz hingewiesen.

Im Verhältnisse des Staates zu den anderen Ständen ist noch das

der Herrschergewalten (Souveränitäten) zu klären. Die Herrscher-

gewalt der Stände leitet sich nicht vom Staate ab; sondern sie

kommt / aus sich selbst. Die Stände unterstehen aber formell der

1

Vgl. mein Buch: Kategorienlehre, Jena 1924, S. 136 und 165 f. [2. Aufl.,

Jena 1939, S. 148 und 177 ff.] (= Ergänzungsbände zur Sammlung Herd-

flamme, Bd 1).