Vorwort zur vierten Auflage
Es ist dem Begriffe nicht gegeben, rein in die Wirklichkeit zu
treten. Das gelang nie in der Geschichte und kann in so gärenden
Zeiten wie den heutigen am wenigsten gelingen. Sollte ich da von
meinen eigenen Gedanken eine Ausnahme erwarten? Das bedürfte
schon ganz besonderer Gunst der Sterne. Darum kann ich im Grunde
nicht enttäuscht sein, wenn sich Geschichte und menschliche Natur
zeigen, wie sie sind, und muß mich persönlich damit abfinden.
Viel verhängnisvoller als die persönliche ist aber die sachliche Seite
dieses Vorganges, daß nämlich im Mißbrauche des ständischen Ge-
dankens angesichts der bolsdiewistischen und demokratisch-anarchi-
stischen Weltgefahr ein kostbares geschichtliches Gut vergeudet
werde. Wie günstig lägen noch die Umstände, ließe sich auf die ver-
schiedenen heutigen Nutznießer der ständischen Lehre wenigstens
das Wort im „Faust“: „Dankt nicht weniger und nicht mehr — Als
wenn’s ein Korb voll Nüsse wär“ anwenden. Leider aber gilt Schil-
lers und Goethes „Votivtafel“ auf „das gewöhnliche Schicksal“:
Hast Du an liebender Brust das Kind der Empfindung gepfleget,
Einen Wechselbalg nur gibt Dir der Leser zurück.
Der ständische Gedanke, wie er in diesem Buche vor nunmehr
fast zwanzig Jahren, damals unter Blitz und Donner, entwickelt
wurde, ist nicht nur eine organisationstechnische Angelegenheit, am
allerwenigsten bloß der Wirtschaft. Geistestiefe ist nötig, um ihn zu
erfassen und in die Tat umzusetzen. Er betrifft das Grundsätzliche
der ganzen Lebensordnung, der gesamten Kulturgestaltung.
In Rußland hat man Judasdenkmäler errichtet — das grauenhafte
Merkzeichen dafür, wie siegreich der Satanismus heute zu Werke
geht. Diesen furchtbaren Ernst unserer Lage sollten alle jene, die
sich auf die rechte Seite geschlagen haben, ermessen und die geschicht-
liche Verantwortung, ja die letzte geistige Entscheidung bedenken,
die im ständischen Gedanken beschlossen liegt. Gerade in jenen Staa-
ten, wo jüngst die marxistischen und demokratischen Mächte besei-
tigt wurden, ist es nötig, die sogenannte autoritäre Regierung, das