Table of Contents Table of Contents
Previous Page  940 / 9133 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 940 / 9133 Next Page
Page Background

42

[27/28]

gewollt werden können, weil sie selbst dann ihren Wert behalten,

wenn die Beziehung zu anderen Zielen und höheren Werten wegfiele.

Allgemeiner: alle jene Mittel, die aus einer sinnlichen Empfindung

(Bewegung, Wärme, Gesicht, Gehör, Geruch und so fort) oder einer

höheren geistigen Erscheinung (Gedanken, Gefühl) bestehen, können

zugleich selbst Zwecke in sich schließen.

Sehen wir uns den Umkreis dieser Mittel, wie er sich etwa bei den heutigen

Wertungen ergibt, näher an, so finden wir insbesondere:

1.

Die Handlung oder Arbeit. Diese ist zwar zunächst nur Mittel, da sie als Mühe

und Leid nicht selbst gewollt wird, sondern weil und sofern sie der Erreichung eines

Zieles dient. S o f e r n die Arbeit aber doch aus Freude an der Betätigung der Kräfte und

um des sittlichenWertes willen, der in ihr steckt, also rein um ihrer selbst willen gewollt

wird, insofern ist sie zugleich Selbstzweck, nicht mehr Mittel. Insofern würde sie auch

nicht um der Bezahlung willen (also weil sie Mittel zum Geldverdienen sein kann)

vollzogen, sondern lediglich um ihrer selbst willen.

So die Handlungen oder Arbeiten des Staatsmannes, Politikers, des Schauspielers,

Kritikers, Zeitungsschreibers, des gelehrten Forschers, des Künstlers, Priesters, sie alle

tragen grundsätzlich die Befriedigung in sich selbst, sie sind selber Endzwecke, mit

denen oft die höchsten persönlichen Werte und eigentlichen Lebenszwecke ihrer Träger

verwirklicht werden. Sofern «ie aber zugleich anderen Zwecken dienstbar werden, sind

sie dennoch Mittel. Ein anderes Beispiel: Liebe ist reinster, sich selbst genügender

beseligender Endzweck; wo nur um ihretwillen eine Verbindung geschlossen wird, die

aber trotzdem wegen zufälligen Vermögensbesitzes eine „Geldheirat“ bedeutet, so war

sie in diesem Dienste unbeabsichtigtes Gelegenheitsmittel. Der Erfinder mag aus reinem

Idealismus seine Nächte opfern, die Lösung seiner Aufgabe an sich schenkte ihm volle

innere Befriedigung; sofern er dennoch auch arbeitet, um reich zu werden, um die

erarbeiteten Einsichten als Mittel zu verkaufen: i n s o f e r n wird der Selbstzweck

zugleich Mittel. Desgleichen: der Dichter findet sein höchstes Glück im Erschauen seiner

Gestalten („Das Lied, das aus der Kehle dringt, ist Lohn, der reichlich lohnet“), sofern er

aber seinWerk zugleich der Erreichung von Zielen dienstbar macht, als Drama, als Buch,

als Zeitungsaufsatz sein Erzeugnis verkauft, insofern wird es Mittel. Der Schauspieler

spielt in Ergriffenheit seine Rolle, der Priester ist beseligt von seinen Symbolen der

Gottheit, der echte Forscher, Politiker, Zeitungsschreiber hingerissen von seiner

Aufgabe; sie alle gehorchen dabei ihren eigensten, rein geistigen, den inneren

apriorischen Gesetzen ihres Ideenkreises: der Dichter, Maler, Schauspieler dem Gesetz

der Schönheit und der Kunst, der Gelehrte dem apriorischen Gesetz / der Logik, der

Priester dem apriorischen Gesetz der metaphysisch-religiösen Empfindung; sie alle sind

im Reiche ihres Zweckes fern von jeder wirtschaftlichen Erwägung! Sofern aber alle

diese Vorgänge für a n d e r e Ziele Mittel werden: die Dichtung für auch echten

Kunstgenuß oder Zerstreuung; die Forschung für die Gütererzeugung, die Logik für die

Schulung und Bildung des Geistes