Previous Page  28 / 471 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 28 / 471 Next Page
Page Background

28

[14/15]

der „Unterschied zwischen Kosten und Nutzen“.

1

Eine solche

Verworrenheit schreit zum Himmel! Denn wären Kosten etwas

Objektives für sich (z. B. Arbeitsmengen), so sind sie mit dem Nutzen

nicht vergleichbar; sind aber Kosten auf Nutzen zurückzuführen (z. B.

als „entgangener Nutzen“, wie unten noch auszuführen sein wird

2

), so

ist es klar, daß es nicht die S p a n n u n g zwischen entgangenem und

erreichtem Nutzen ist — der „Ertrag“ —, auf dem die Wirtschaft

beruht, sondern nur wieder der N u t z e n des her-

ausgewirtschafteten „Ertrages“! Die Ersparnis (der Ertrag) ist eben

keine ursprüngliche, primäre Größe, sondern leitet sich vom Nutzen

her. Betrachtet man sie primär, so macht man den lustigsten

Purzelbaum, der im theoretischen Denken je geschlagen wurde, da sie

doch erst aus wirklichemWirtschaften folgen kann, welches entweder

auf dem Nutzen oder irgend etwas anderem beruhen muß. — Noch

unerträglicher wird die begriffliche Unklarheit, wenn Lief- mann

Nutzen und Kosten als etwas „Psychisches“ faßt und das Wesen der

Wirtschaft im Vergleiche dieser beiden „psychischen“ Größen findet.

Wäre es mit / dem „psychischen“ Charakter der Wirtschaft ernst, so

müßte die Volkswirtschaftslehre wieder Psychologie werden.

Diese kurze Übersicht zeigt, welche Schwierigkeiten und

Widersprüche es sind, mit denen der Begriff der Wirtschaft zu

kämpfen hat, welch verschiedene Elemente in ihm liegen und von den

verschiedenen Theorien jeweils in den Vordergrund gerückt werden.

Es ist zuerst die Vermischung des Wirtschaftlichen mit dem

Stofflichen (Technischen), dann mit dem Seelischen, dann die

Vermischung der Wirtschaft als solcher mit dem geschichtlich-

empirischen Ganzen der Gesellschaft, endlich die Scheidung oder

Verbindung der Individualwirtschaft mit der Verkehrswirtschaft, was

wir als die Hauptschwierigkeiten des Wirtschaftsbegriffes erfanden.

Wenn nun im Nachfolgenden versucht wird, einen Begriff der Wirtschaft zu bilden,

der jene Gefahren und Mängel überwindet und imstande ist, die Ent-

1

Robert Liefmann: Grundlagen der Wirtschaft (Grundsätze der Volkswirtschaftslehre,

Bd 1), 2. Aufl., Stuttgart 1920. — Zur Auseinandersetzung mit Liefmann vgl. auch Alfred

Amonns Besprechung des Liefmannschen Buches: Geld und Gold, ökonomische Theorie des

Geldes, Stuttgart 1916, im Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Jg 1918.

2

Siehe unten § 6, III und V, und § 9, S. 102 f., 104 ff. und 118 f.