Soll die Wirtschaftswissenschaft mit dem Begriffe ihres
Gegenstandes einen fruchtbaren Anfang machen, so muß sie sich aus
der alten Fragestellung befreien, welche Art von Betätigung in der
Wirtschaft vorliege: ob seelische, technische, physische oder
physiologische, und in welchem Verhältnisse daher Wirtschaft zum
Seelischen, Physischen, Mechanischen, Technischen, Physiologischen
stehe. Die Wirtschaftswissenschaft muß als Gesellschaftswissenschaft
begründet werden. Wirtschaft ist eine Erscheinung der menschlichen
Gesellschaft; man darf daher allein fragen: was W i r t s c h a f t i n
d e r m e n s c h l i c h e n G e s e l l s c h a f t s e i ? Das will
nichts anderes besagen als die Frage: Was ist sie in unserem Leben? —
denn auf die lebendige Wurzel muß man gehen! Im Leben, in der
Gesellschaft wird Wirtschaft geboren, als Teil von ihr erhält sie Wesen
und Gestalt.
Was Gesellschaft, was unser Leben als ein gesellschaftliches ist, kann
hier streng begrifflich nicht entwickelt werden. Aber wir gehen von
dem Wesentlichsten aus, wenn wir sagen: Leben ist und kann nur sein
ein rein Geistiges, ein durch und durch Geistiges. Denn ob wir es in
seinen niederen Bereichen betrachten, als Vitalität, Sinnesempfindung,
oder in seinen höheren, als Denken, als religiöses, sittliches, schönes
Empfinden und Urteilen, stets ist es nur als Geistiges faßbar. Ebenso das
gesellschaftliche Leben, die Gesellschaft als Ganzes genommen. Es sind
geistige Inhalte, von denen sie erfüllt ist, als: Wissenschaft, Philosophie,
Religion, Kunst, Sittlichkeit, Recht und so fort. Gesellschaft ist eine
Welt des Geistigen.
Unter Geistigem aber verstehen wir: eine Welt der Werte oder
Zwecke, eine Welt der apriorischen Gültigkeiten; das Geistige steht
damit im Gegensatz zur Welt von Ursache und Wirkung, das heißt zur
Natur. Diesen Gegensatz klarzustellen, wird eine unerläßliche
Voraussetzung für den Gesellschafts- und Wirtschaftsforscher sein.
Um Mißverständnissen vorzubeugen, schicke ich voraus, daß im folgenden „Wert“
nicht im Sinne des wirtschaftlichen Güterwertes, sondern nur in logischnormativem
Sinne verstanden wird.
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