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Solange der Konsumtivzins das Gepräge des Marktpreises behält, stellt
er Einkommen aus fruchtbaren wirtschaftlichen Leistungen dar!
Eine ganz andere Frage als die der grundsätzlichen Fruchtbarkeit und
Unfruchtbarkeit ist: ob die e i n z e l n e n S t ä n d e f ü r i h r e L e i s t u n g e n
n i c h t e i n e z u h o h e E n t l o h n u n g e r h a l t e n ? So ist unsere und
die deutsche Landwirtschaft seit dem amerikanischen Wettbewerb der 70er Jahre bis
etwa zum Einsetzen der Teuerung vor dem Kriege weniger lohnend gewesen als
Gewerbe und Handel (die „Landwirtschaftskrise“ jener Zeit); so scheint der Handel oft
lohnender zu sein als die Erzeugung, was etwa ein Frankfurter Sprichwort ausdrückt,
wenn es sagt: „Wer produziert, der verliert“. So wird namentlich der Börse hoher
Gewinn, wird den Kriegslieferanten viel zu hoher Gewinn vorgeworfen. — Auf solche
Vorwürfe ist zu antworten: daß die Gewinnfrage (wenn kein unlauteres Gebaren
bestimmend wurde) eine Frage der Preisbildung, nicht der Fruchtbarkeit ist. Mängel in
der Preisbildung gelten in der unorganisierten Wirtschaft für alle Berufsstände
1
.
Eine letzte Frage ist endlich: ob die A r b e i t b e s t i m m t e r S t ä n d e
n i c h t e r s p a r t o d e r v e r m i n d e r t w e r d e n k ö n n t e . So kann
der Zwischenhandel durch Verbrauchervereine und Marktorganisationen teilweise
ausgeschaltet werden. Aber auch diese Frage ist keine solche der Fruchtbarkeit, sondern
der praktischen Wirtschaftsarbeit. Sie gleicht der Frage: ob statt zweier veralteter
Maschinen e i n e moderne eingestellt werden soll — das wird vom Erfolg abhängen.
Es handelt sich dabei nur um das erfolgreichste wirkliche Wirtschaften, nicht um
grundsätzliche Fruchtbarkeit. Dann gilt nur noch der Grundsatz: Hic Rhodus, hic salta!
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§ 32. Fortschritte und Rückschritte der wirtschaftlichen
Fruchtbarkeit
I. I.
I. Verbesserung der Ziele und Verbesserung der Mittel
in der Wirtschaft
Die Änderungen im Umkreis der Fruchtbarkeit sind zu
unterscheiden als Fortschritte oder Rückschritte in den Mitteln und in
den Zielen der Wirtschaft. Nur die Änderungen in den Mitteln sind
Änderungen der wirtschaftlichen Fruchtbarkeit im wahren Sinne. Die
Änderungen in den Zielen betreffen dagegen nicht die Fruchtbarkeit
der Wirtschaft, sondern die Sittlichkeit und Vernünftigkeit der
Wirtschaft: die sittliche Beschaffenheit der Wirtschaftsziele, die
politische, die staatliche, die gesundheitliche, die logische Richtigkeit
1
Vgl. oben S. 260 ff.