4
[IX./X]
zum Grenznutzen bedarf es noch eines aufklärenden Wortes, um
Mißverständnissen zu begegnen./
Wie alle meine Arbeiten, auch die vor der ersten Auflage des
„Fundamentes“, beweisen, stand mein Systemgedanke von Anfang an
ganz und gar außerhalb des Bodens der Grenznutzenschule. Im
Mittelpunkte meines Begriffsgebäudes stand die Gliederungslehre der
Leistungen, die Leistungslehre, nicht, wie in der Grenznutzenschule,
die Wert- und Preislehre. Gleichwohl versuchte ich lange, den
Grenzwertgedanken in der peripheren Stellung, die ihm nun
zugewiesen wurde, nämlich für die (durchaus nur periphere)
Leistungsgrößenerklärung, nutzbar zu machen, wenn allerdings auch
das nur unter Vorbehalt, in bedingter, kritischer Weise. Von Anfang
an stand ich der sachlichen Tragfähigkeit des Grenznutzenbegriffes
mißtrauisch gegenüber, da ich neben seinen organischen
Bestandteilen (die darin liegen, daß die Grenznutzungen durch die
anderen Nutzungen, das Grenzgut durch den ganzen Vorrat von
Gütern bestimmt ist) stets auch die atomistischen, individualistischen
sah.
Dafür einige Beispiele: Seite 86 f. des „Fundaments“ (3. Auflage, 1923) schrieb ich
über das Gossensche Gesetz: „Ob dieses Gesetz in der üblichen, das e i n z e l n e Ziel
(Bedürfnis) isolierenden Form vollkommen richtig ist, bleibe hier dahingestellt. (Nach
der Einheit aller Ziele und aller Mittel ist das allerdings nicht möglich, kann aber ;als
Näherungsformel betrachtet werden.)“ — Seite 87: „Daß heute die Erkenntnis der
Grenzrechnung noch nicht vollendet ist, daß jene Begriffe und Gesetze, die Carl
Menger, von Wieser und nach ihm Böhm- Bawerk . . . formulierten, . . . noch nicht
ausreichen; daß namentlich die Theorie der Z u r e c h n u n g . . . noch gründlicher
Vertiefung bedarf, muß hier festgestellt werden. Besonders ist noch zuviel Atomismus
in der heutigen Lehre, zuviel Isolierung sowohl der Leistungen wie der Ziele, z. B.
schon im Gossenschen Gesetz selber.“ — In meiner „Theorie der Preisverschiebung“
(Wien 1913) erklärte ich die Teuerung ohne jede Bezugnahme auf die Grenzrechnung
aus einer einfachen Umgliederung der Leistungen (wie ich heute sagen würde), und
anderes mehr.
Im Laufe der Zeit mußte ich aber zu der Erkenntnis kommen, daß
der Grenzgedanke auch in jener bedingten und eingeschränkten
Weise, die ich ihm zugestehen wollte, nicht haltbar sei. Das
Gossensche Gesetz, und mit ihm der Grenzgedanke überhaupt, ist
nicht
verbesserungs-
noch
einschränkungsfähig,
sondern
grundsätzlich unrichtig. An seine Stelle tritt der echt ganzheitliche,
weil für alle Ganzheiten, nicht nur für die Wirtschaft gültige Begriff
der G l e i c h w i c h t i g k e i t , welcher die nur mittelbare und nur