N e u n t e r A b s c h n i t t
Hinweis auf die philosophischen Folgerungen aus dem
Universalismus
Der obigen ausführlichen Besprechung der philosophischen Folge-
rungen aus dem Individualismus genügt es, hier wenige Hinweise
gegenüberzustellen.
So oft dieses Gebiet betreten wird, muß betont werden, daß die
Gesellschaftslehre als eine rein zergliedernde Wissenschaft auftritt.
Individualismus — Universalismus sind daher keine Weltanschau-
ungsgegensätze. Dagegen haben Individualismus und Universalis-
mus Bedeutung als Vordersätze für philosophische Schlußsätze. /
Wie die Grundtatsache des Individualismus die Einzelheit, das
Atom, so jene des Universalismus die Ganzheit.
Die Ganzheit selber steht nicht allein. Wie das Glied auf die
Ganzheit, so weist die Ganzheit wieder auf eine höhere Ganzheit.
Mit diesem Drang des jeweiligen Ganzen, sich einer höheren Ganz-
heit anzuschließen, sind die philosophischen Tendenzen des Univer-
salismus im Tiefsten bezeichnet. Der Inbegriff der höchsten Ganz-
heit weist auf Gott. Er hat damit zuletzt einen m e t a p h y s i -
s c h e n Zug statt des empiristischen und atomistischen des Indivi-
dualismus. Er leugnet nicht Höheres über dem Niederen, sondern er
fordert es.
Mit diesem Grundgegensatz: Metaphysische Einstellung gegen
empiristische Einstellung sind dann auch alle besonderen Gegensätze
gegeben: Apriorismus (oder das, was im Sinne des Festen an seine
Stelle tritt) gegen Relativismus; reine Sittlichkeit gegen Utilitaris-
mus; deduktiv (Begriffswissenschaft) gegen induktiv (wechselnde
Erfahrung); irrational gegen rational (innere statt äußere Erfah-
rung). Diese Folgerungen sind schon methodologisch. Darüber wird
unten
1
ausführlicher zu sprechen sein. Nur das eine sei schon hier
1
Siehe unten fünftes Buch, S. 633 ff.