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Der Wettbewerb e r s c h e i n t an Einzelnen, aber er entsteht

aus den Prämissen, die der Sachgehalt der Ganzheiten liefert, er

entsteht und besteht nur insoweit, als er Ganzheiten aufbaut oder

zerstört (umgliedert).

Insofern beim sogenannten freien Wettbewerbe (der ja nie voll-

kommen „frei“, sondern stets durch Kapital höherer Ordnung ge-

bunden, gestaltet ist) die eingliedernde Wirksamkeit höherer Ganz-

heiten zu gering wirkt, führt er zum Chaos, zur Vernichtung, Brach-

legung der Kräfte, so in der liberalen Wirtschaft zu K r i s e n und

zur Bildung / einer nicht in die Wirtschaft organisch eingeglieder-

ten Masse, des P r o l e t a r i a t e s

1

.

Eine ausgebildete Theorie des freien Wettbewerbes fehlt in der Wirtschafts-

theorie wie in der Gesellschaftslehre. Denn die Theorien der Klassiker gehen

fehl in dem Gedanken sowohl, daß der Wettbewerb zuletzt soziale „Harmonie“

hervorrufe, indem ein jeder zu höchster Kraftanstrengung gezwungen werde,

und so jeder zugleich der Wächter des andern sei, wie auch in dem individuali-

stischen Gedanken der Autarkie des Einzelnen, von dem die wettbewerbende

Kraftwirkung ausgehe. — Inwiefern gegnerische Gezweiung im Geistigen fruchtbar

ist, haben wir früher untersucht

2

. Auf handelndem Gebiete ist der Wettbewerb

gleichfalls in erster Linie als bildende Kraft zu untersuchen.

Der Wettbewerb ist durchaus nicht auf die Wirtschaft beschränkt,

sondern findet sich auf allen übrigen Gebieten des gesellschaftlichen

Lebens. Das Bestreben, sich auszuzeichnen, jede Art von Ehrgeiz

spielt in Wissenschaft, Kunst, Religion, Politik usw. eine gewaltige

Rolle. Dem entsprechen auch die vielfältigen F o r m e n v o n

E h r u n g u n d W e r t u n g , welche in T i t e l n , R a n g , O r -

d e n , E t i k e t t e ihren Ausdruck finden. Dem vielfältigen Wett-

bewerb in der Gesellschaft entsprechen ebenso vielerlei Arten von

Niederlagen wie von S i e g e s p r e i s e n .

In der Wirtschaft ist das E i n k o m m e n dieser Preis, auf den übrigen Ge-

bieten sind es R u h m u n d E h r e im weitesten Sinn. Daß die S i e g e s p r e i s e

vielfach so sehr voneinander getrennt sind, ist, wenn auch in verschiedenem Maße,

eine kennzeichnende Eigenschaft aller Gesellschaftsordnungen. So ist es zu er-

klären, daß auf geistigen Gebieten hohe Leistungen mit Ruhm und Anerkennung

gekrönt werden können, ohne die entsprechende wirtschaftliche Wertung zu

finden, z. B. bei Künstlern, Gelehrten, Erfindern, selbst bei Feldherren und Po-

1

Darüber vgl. jetzt mein Buch: Tote und lebendige Wissenschaft, 3. Auf!.,

Jena 1929, Abhandlung 5, S. 355 ff. und 388 [5. Aufl., Graz 1966, S. 329 und

350

].

2

Siehe oben S. 169 f.