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nung aufeinander beschlossen, sie beruht gerade auf ihrer Ungleich-
heit (aber organischen, korrelativen Ungleichheit), keineswegs darf
sie individualistisch zu einer atomhaften Gleichheit der Standes-
träger, einer „klassenlosen“ Natur der Gesellschaft umgedeutet wer-
den.
Die körperschaftlich organisierten Stände sind bereits Bünd-
nisse.
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II. Die Bündnisse
Den nicht oder nicht durchgängig veranstalteten Systemen gleich-
artigen Handelns treten die Bündnisse als die veranstalteten zur
Seite, worüber oben
1
das Wichtigste gesagt wurde. Man kann
diese Bündnisse scheiden in Interessenvertretungen und Parteien.
Die I n t e r e s s e n v e r b ä n d e erlangen stets größere Ver-
breitung. Sie sind meist nichts anderes als Bestandteile der S t ä n d e
in organisierter Form. Ursprünglich aus egoistischen Zielen er-
wachsen, das heißt der Absicht nach individualistisch, müssen sie
heute und mußten sie überall in der Geschichte lernen, Glieder des
Ganzen zu werden, in ihrem Handeln wie in der Geistigkeit, die
ihm zugrunde liegt. Ihre Ziele sind ihrer Natur nach organisatori-
sche Ziele des gemeinsamen Handelns
2
. Daneben pflegen diese
Verbände auch die geistige Gemeinschaft ihrer Mitglieder unterein-
ander. Insofern sind sie aber nicht mehr Bündnisse, sondern Mas-
senzusammenhänge (Neigungsgemeinschaften, geistige Gemeinschaf-
ten). Als Bündnisse stellen sie bloß die Vergenossenschaftung gleich-
gerichteten Handelns dar.
Als wichtigste sind zu nennen:
(1)
die Interessenverbände der Arbeiter oder Gewerkschaften mit ihren
bekannten Gruppierungen.
(2)
Ihnen stehen die Verbände der Arbeitgeber, die Kartelle und Konzerne, ge-
genüber.
(3)
Ihre ständische Zusammenfassung wird heute namentlich durch den Ge-
samtarbeitsvertrag vermittelt
3
.
Hierzu kommen größere wirtschaftliche Bündnisse, welche wegen weiteraus-
greifender politischer Ziele schon den Übergang zur Partei bilden; so in Deutsch-
land der Bund der Landwirte und andere.
1
Siehe S. 327 f., 452 und 459 ff.
2
Darüber siehe unten unter Politik, S. 476 ff.
3
Vgl. mein Buch: Der wahre Staat, 1. Aufl, Leipzig 1921, S. 256 [4. Aufl.,
Jena 1938, S. 210].