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Es sind, scheint mir, z w e i A l t e r s s t u f e n d e r p s y c h o l o g i s c h e n

S c h u l e n

z u

u n t e r s c h e i d e n . Früher, wo man ganz auf der

Assoziationspsychologie fußte, suchte man mit dem Begriff der „psychischen Kausalität“

möglichst Ernst zu machen, und diese Psychologisten konnten daher von „Wechselwirkung“

mit Recht sprechen; heute dringt in der Psychologie, eingeleitet / durch Wilhelm Dilthey

1

,

später durch Oswald Külpe, Eduard Spranger, Max Scheler, Felix Krueger, Karl Bühler und

andere die rein zergliedernde Betrachtung vor, so daß man sagen kann, es gehe in demselben

Maße, als echte Psychologie getrieben werde, auch der Ursächlichkeitsbegriff verloren.

Damit verliert aber auch der Wechselwirkungsbegriff an Gültigkeit. (Die sachliche

Unzulänglichkeit des seelischen Wechselwirkungsbegriffes, der nie zur „Gesellschaft“ führt,

wurde in einem andern Zusammenhange beleuchtet

2

.)

Die vier größten Schulen:

die mechanische,

organische,

psychologische und

formalistische

wären sonach aus der verschiedenen Bestimmbarkeit des Wechsel-

wirkungsbegriffes, ihres gemeinsamen Bodens, erklärt und damit wäre ein

Verständnis des chaotischen Zustandes des größten Teiles der

soziologischen Richtungen erzielt. Man wollte von schon fertigen, und

zwar mechanistischen Wissenschaften das Verfahren für die

Gesellschaftslehre entlehnen.

Nun verbleiben noch die völkerkundlichen und die geschichtlichen

Richtungen. Von ihnen gilt: daß sie entweder doch der

psychologisch-formalistischen Schule angehören, wenn sie nämlich, wie

zum Beispiel Vierkandt, den Stoff für ihre „psychischen

Wechselwirkungen“ vorwiegend bei den Naturvölkern suchen; oder daß

sie überhaupt nur Stoffsammlung geben wollen, ohne den methodischen

Weg der Verarbeitung anzugeben; oder endlich auch, daß sie durch

leichtfertige, wenn nicht gar dreiste Zusammenstellungen von

Beobachtungen zu „Kausalgesetzen“ der Geschichte und Gesellschaft die

methodischen Grundlagen der Wissenschaft einfach überspringen wollen.

So, wenn Buckle

3

sein Werk mit dem Hinweise eröffnet, daß sogar die

Zahl der jährlich ohne Anschrift aufgegebenen Briefe „gesetzmäßig“

bestimmt sei. — Allerdings verbergen sich in den geschichtlichen und

völkerkundlichen Schulen

1

Wilhelm Dilthey: Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie,

Leipzig 1894.

2

Siehe oben S. 53 ff.

3

Siehe oben S. 45.