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Daß die U n t e r s c h i e d e e i n a n d e r S e i n s g r u n d
s i n d , w e i l s i e n u r a l s g l i e d h a f t e h e r v o r t r e -
t e n , i s t e i n e d e r w i c h t i g s t e n E i n s i c h t e n d e r
g a n z h e i t l i c h e n O n t o l o g i e .
Drittens tritt hier die Frage des Persönlichkeitsbegriffes in einer
für die Dialektik ungünstigen Weise hervor. Da ihr jeder neue
Setzungsschritt nur ein Durchgangspunkt ist, kann sie die Persön-
lichkeit nur aus dem Begriffe der absoluten Idee her retten, die sich
in jeder Setzung und Gegensetzung behauptet, so daß alles Vermit-
telte — die einzelne Setzung — ein gewisses Unvermitteltes am
Grunde hat. Auch bleibt im „Fürsichsein“ eine Selbstbezogenheit
und Verschlossenheit erhalten (weshalb auch der heute wieder
„moderne“ Einwand Kierkegaards gegen Hegel, er kenne das Per-
sönliche nicht, im Grunde nicht zwingend ist). — Aber die ganz-
heitliche Auffassung hat hier eine weit stärkere Stellung. Denn im
Begriffe der Ausgliederung hat das Mechanische und Ertötende
keinerlei Spielraum. Die Ganzheit kann sich nur ausgliedern, wenn
die Glieder das ihnen Aufgegebene setzen, wenn sie im Rahmen
ihres Eigenlebens (der Vita propria) das Vorgegebene selbst ergrei-
fen und in Freiheit erzeugen. Das S e i n d e r G l i e d e r i s t
e i n S c h a f f e n — freilich ein „Schaffen aus Geschaffenwerden“.
Darum auch das Geistesleben des Menschen von dem Ergreifenden
einer E i n g e b u n g ausgeht, nicht von einem Erleiden des äußeren
Sinneseindruckes (Eingebungspsychologie gegen Sensualismus, aber
auch gegen den Gang von Hegels „Phänomenologie“, die mit der
Empfindung beginnt, ebenso wie gegen Fichtes Ableitung des empi-
ristischen Bewußtseins, wie sie in der „Wissenschaftslehre“ [1794]
versucht wurde und das Vorbild für Hegels „Phänomenologie“
bildete). — Überall braucht das Ganze die Einzelnen zu seiner Ver-
wirklichung. Ohne Entfaltung der Persönlichkeit des Einzelnen
kann das Ganze nicht werden; aber der Einzelne wird nur im Gan-
zen, nur in Gezweiung. Die auch im gliedhaften Eigenleben (in der
Vita propria) fruchtbare Gegenseitigkeit der Persönlichkeit kann
das dialektische Verfahren nicht erreichen.
Viertens endlich zeigt sich die ganzheitliche Auffassung der dia-
lektischen auch im Punkte der „Synthesis“ überlegen. Es muß als
ein Gebrechen des dialektischen Verfahrens bezeichnet werden: daß