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einer rein geistigen Urwesenwelt sehr gut vorstellen: die u n e n d -

l i c h e Z a r t h e i t d e s M i t t e l s , in der sie wohnt. Diese

übermenschliche Zartheit ist es, die uns in dem herben Hader der

Figaromusik überall umfängt. Es sind keine Spiele, welche Engel

spielen, sondern, wie immer festzuhalten, ernste Widerstreite. In

fortdauernden Wirrungen, welche den ganzen „Figaro“ hindurch

bis zuletzt nicht ruhen, treten sie immer wieder hervor. Aber auf

jener Ebene reiner Gestaltenwelt gibt es nichts Plumpes, Hartes, es

kann nichts zerreißen, zerbrechen, ver- / letzt werden, wie auf der

Ebene des Stoffes; sondern alles bleibt in dem zarten Mittel himm-

lischer Unversehrbarkeit und Freudigkeit geborgen. Darum kann

das Lauterste und Freudigste, wie die Chöre: „Muntere Jugend,

streue ihm Blumen“

1

und „Ihr treuen Geliebten mit Kränzen ge-

schmückt“

2

nicht um vieles höher gestimmt sein als z. B. das düstere,

gefährliche Finale des III. Aktes

3

oder der Teile des Sextetts

4

, wo

die wühlende Bangigkeit zwar tiefernst hervortritt, aber, weil in

innerlicher Sicherheit ruhend, von Schönheit überformt wird. Im

Figaro bleibt auch dort, wo das Grollen des Donners vernehmlich

werden muß, alles wie in einer homerischen Aura der Unverletz-

barkeit beschlossen.

So will es die große Unmittelbarkeit, die lautere Innerlichkeit

und Zartheit jener höheren Welt.

Manches „Kyrie“ und „Miserere" der Messen Mozarts, das man

zuweilen „nicht fromm genug“ finden wollte, ist ebenfalls von die-

ser höheren Heiterkeit und Unverletzlichkeit aus zu verstehen.

Liebe

Wenn Mozart von Liebe spricht, zeigt er sie oft ähnlich wie

andere Meister der Musik in tausend Farben, in mancherlei seeli-

schen und natürlichen Gestalten, aber er zeigt sie auch, wie sie sel-

ten einer zeigt: in m y t h i s c h e r G e s t a l t . Und gerade das

1

Mozart: Figaros Hochzeit, I, Nr 8.

2

Mozart: Figaros Hochzeit, III, Nr 23.

3

Mozart: Figaros Hochzeit, III, Andante „Sag’ mir doch mein lieber Figaro —

jetzt ist alles aus — Figaro hilf uns“; „Nun so lügen meine Mienen“.

4

Mozart: Figaros Hochzeit, III, Nr 18.

22

*