363
der Geschichte und die Notwendigkeit von Werturteilen über die
jeweiligen Maßnahmen und Vorgänge enthalten. Diese Werturteile
sind objektiv, von der Sache her bestimmt und subjektiv insofern,
als der Urteilende die Sacherfordernisse anerkennt — wodurch ein
enger Zusammenhang mit dem ersten und zweiten Teil, der Volks-
wirtschaftslehre und Gesellschaftslehre hergestellt wird.
Auf der Erkenntnis, daß Geist das Wesen der Geschichte ist,
und deren konkreter Anwendung beruht der Beitrag über „Aus-
laugung und Anhäufung“, der den Verlust und die Fehlentwick-
lung geistiger Fähigkeiten bei Volksgruppen und innerhalb der
Volksgemeinschaft behandelt.
Spanns Ausführungen lassen die Geschichte seit 1945 besser ver-
stehen und sind gleichzeitig eine ernste Warnung vor der äußeren
Auslaugung des deutschen Volkes durch Abwanderung von Bega-
bungen und der Ausschaltung eigener Begabungen durch die Wirt-
schaftsoffensive der USA in Deutschland und Frankreich.
Die Gegenüberstellung von dialektischem und ganzheitlichem
Verfahren bedeutet keinen Gegensatz, da beide Verfahren ebenso
wie die Ideenlehre Vermittlungslehren im Sinne des objektiven
Idealismus sind. Spann betrachtete, wie sich aus zahlreichen Äuße-
rungen ergibt, die Ganzheitslehre als eine Fortsetzung der durch
Materialismus und Oberflächlichkeit abgerissenen Tradition des
deutschen Idealismus. Durch die — im Vergleich zur Dialektik
leichter verständlichen und umfassenderen — Kategorien der Ganz-
heitslehre sollte der Bruch in der geistigen Entwicklung geheilt
werden. Die seit dem 2. Weltkrieg um sich greifende geistige Kata-
strophe könnte dadurch gebannt werden.
Das den Schluß des Buches bildende Kapitel „Mozarts Größe“
könnte im Vergleich zu den grundlegenden und zu letzten Er-
kenntnissen vorstoßenden übrigen Beiträgen als eine Art Anhang
angesehen werden, ist jedoch als Grundlegung der Kunstphilosophie,
dargestellt an einem konkreten Beispiel, zu betrachten. Wie Spann
in seinem Buch: „Der Schöpfungsgang des Geistes“ ausführt, wur-
zelt echte Kunst im Metaphysischen, ihre Schönheit ist Botschaft
aus der höheren Welt und stimmt zur Andacht. Das gilt für jede
e c h t e Kunst, mag sie in Tönen, bildlichen Darstellungen oder in
Dichtung bestehen. Allerdings muß man die Sprache der Künstler