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lens... Und ebenso ist es im großen Leben der Völker“ (S. 30/31). — Im

zweiten Abschnitte (S. 33 ff.) bespricht Lasaulx den geographischen Schauplatz

der Geschichte und die Rasse; im dritten und vierten Abschnitte den Entwick-

lungsgang der Menschheit im allgemeinen und die Religionen, Staatsverfassungen,

Künste, Wissenschaften im besonderen (S. 73 ff., 96 ff.); im fünften Abschnitt

die Führer der Menschheit, die sehr hoch gestellt werden; im sechsten (S. 139 ff.)

Verfall und Tod der Völker. Alle Menschen, die zu einem Volke gehören, „bilden

ein Volksindividuum, dessen Leben nach bestimmten biologischen Gesetzen ver-

läuft in Kindheit, Jugend, Mannesalter, Greisenalter ...“ (S. 19). Lasaulx führt

als Zeugen seiner Ansicht unter anderen Florus, Seneca, sogar schon Gobineau

an (S. 19 ff.). Die Lebensdauer eines großen, starken Volkes betrage etwa

2—4000 Jahre (S. 140).

Der Verfall vollziehe sich in folgender Reihenfolge: Zuerst erlösche die

Zeugungskraft der Völker; dann die sprachenbildende Kraft; die religiöse Glau-

benskraft; die politische Lebensenergie; die völkische Sittlichkeit; die künstlerische

Kraft und zuletzt auch die Wissenschaft, „bis der ganze Organismus, nur auf

die Befriedigung der materiellen Bedürfnisse reducirt, seelenlos auseinander-

fällt“ (S. 147). In einem letzten Abschnitte wirft Lasaulx die Frage auf, „in

welchem Stadium des nationalen Zerfalles die heutigen gebildeten Völker

Europas .. . wohl angelangt seien?“ (S. 153), und beantwortet sie im Sinne „einer

düsteren Ahnung, wie sie jedesmal dem Eintritt großer Katastrophen voran-

geht ...“ (S. 158).

6. Bachofen

1

Bachofen hängt einerseits innig mit der Romantik zusammen und

hat in seiner Geschichtsphilosophie den Zusammenhang der ge-

schichtlichen Entwicklung mit der Religion wie kein anderer auf

das bestimmteste zu zeigen versucht. Andrerseits sind seine ent-

scheidenden, systembestimmenden Gedanken doch / naturalistisch,

so daß denn auch sein Begriffsgebäude später nicht mit Unrecht von

darwinistischen Richtungen der Völkerkunde

2

sowie von Marx, En-

gels und Bebel in Anspruch genommen wurde. Seine zum Teil wahr-

haft geniale Einfühlung in die alte Welt vermochte ihn leider vor

der Verstrickung in den Materialismus seiner Zeit nicht zu bewahren.

Im Mittelpunkte der Geschichte des Menschengeschlechtes steht für Bachofen

das geschlechtliche Verhältnis zwischen Mann und Frau. Die gesamte Geschichte

1

Johann Jakob Bachofen: Über das Weiberrecht, Stuttgart 1857; Uber das

Mutterrecht, Stuttgart 1861; gute Auswahl seiner Schriften bei Reclams Uni-

versalbibliothek: Urreligion und antike Symbole, Nr. 6661—68, 6669—76 und

6677—84. — Vgl. Georg Schmidt: Bachofens Geschichtsphilosophie, München

1929.

2

Lewis Henry Morgan: Ancient society, New York 1878, deutsch unter dem

Titel: Die Urgesellschaft, 1. Aufl., Stuttgart 1891, 2. Aufl., Stuttgart 1908.