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Gott befaßt bleibt, wenn es eine in ihm selbst lebende Schöpfung

(„immanente Schöpfung“) ist.

(7)

Die Einheit des Schöpfers deutet nicht auf Einförmigkeit,

leere Einfachheit, sondern auf Fülle. Es ist jene Einheit, die wir uns

durch den Begriff der „lauteren Wirklichkeit“, des „actus purus“,

der „reinen Tat“, „Tätigkeit schlechthin“ verdeutlichen können. Der

Lehrbegriff des actus purus ist aus der Geschichte der Philosophie

bekannt. Ihm zufolge bleibt nichts, keine Möglichkeit (potentia) im

Schöpfer zurück, es steigt nichts erst als Möglichkeit in ihm auf

(ähnlich etwa einer Eingebung, einem Einfall), nichts steht ihm

gleichsam erst nachträglich zu; alles ist schon Wirklichkeit (actus),

reine Wirklichkeit (actus purus). Der / Schöpfer hat Einheit. Er ist

auch absolute Selbstsetzung, ist ganz Aktualität; eben darum ist

nichts, was ihn bewegte und erst wirklich machte, als er; auch keine

Mittel.

(8)

Nur in dieser ersten Schöpfung ist die vollkönnende, ist lau-

tere Tätigkeit, actus purus am Werke. Dennoch muß actus purus,

Selbstsetzung, Selbstbewegung, Selbstverwirklichung auch dem Ge-

schöpfe [nach (6)] irgendwie zukommen.

(9)

Die Urschöpfung ist aber trotzdem etwas vollkommen an-

deres als alle späteren schöpferischen Taten Gottes sowohl wie der

Menschen, weil sie allein an keine vorherigen Bedingungen an-

knüpft. Nur ihr allein geht frühere Schöpfung nicht voraus, nur sie

allein ist daher nicht an Geschaffenes gebunden! Nur sie und sie

allein ist daher g e s c h i c h t s l o s , nur sie allein tritt frei aus der

Unendlichkeit hervor, nur sie allein kann ohne Beschränkung durch

Vorhergegangenes gedacht werden, nur sie ist nicht eingegrenzt, hat

keine Farbe des Ursprungs durch früheres Geschehen.

Ganz anders die forterhaltende Schöpfung, jene schöpferische Tä-

tigkeit, durch die Gott das Geschaffene erhält, fortbildet. Hier ist

einerseits der jeweils Vorgefundene Zustand des Geschaffenen eine

Bedingung für die erneute Schöpfertätigkeit Gottes, andrerseits die

Tatsache, daß das Geschöpf selbst in irgendeiner Weise tätig, am

Werke sein muß. Ähnlich wie jede geschöpfliche Tätigkeit an schon

Vorhergegangenes anknüpft, ähnlich wie jede Idee, die ins Dasein

tritt, an Bedingungen gewiesen ist und solange sie im Leben ver-

weilt, das Gepräge dieser Bedingungen an der Stirne trägt; so auch

die forterhaltende Schöpfertätigkeit Gottes. Ihr Unterschied von