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2. In welchem Sinne kann man von einer außergöttlichen Welt

sprechen?

Die Rückverbundenheit streitet gegen die Außergöttlichkeit der

Welt, gegen die herausgetretene oder „emanente“ Schöpfung (gleich-

wie die Gezweiung gegen die ungliedhafte Selbstheit / streitet). So-

weit es Rückverbundenheit gibt, gibt es keine außergöttliche Schöp-

fung im genauen Sinne. Der innere Grund der Dinge ist in Gott,

weil der innere Grund des G e i s t e s in Gott ist (Meister Ecke-

hart: „Immer war ich darin“

1

). Nur die äußere Aufspaltung, gleich-

sam die Darbildung, die Hinausspiegelung ist in der Welt. Der See-

len- und Geistesgrund, damit der letzte innere Grund aller Schei-

dungsschritte des Geistes verharrt in Gott. In der Welt ist Mittel-

bares und Unmittelbares, Unmittelbares nämlich, das durch Rück-

verbundenheit in den tiefsten Grund zurückreicht. Um das ganz zu

verstehen, müssen wir noch einmal auf die früher schon berührte

Unmittelbarkeit der Urschöpfung zurückgehen.

Zu wissen was Unmittelbarkeit sei, ist dem Menschen nicht völlig

verwehrt. Unmittelbarkeit erlebt der Mensch dort, wo er der Gott-

heit nahe kommt, in der Andacht, Kunst, Begeisterung, Verzückung.

Das Erlebte zeigt da überall innere Fülle, Fülle des Lebens und da-

mit innere Unterschiede, aber keine Mittelbarkeit, keine Vermitt-

lung. Unmittelbar erlebt der Mensch, z. B.: „das ist schön“. Vielleicht

wurde das Schöne lange nicht erkannt, endlich schlägt es wie ein

Blitz ein. Wie der Blitz der Schönheit, so der Blitz der Liebe, des

Hasses (gegen das Böse), des V e r s t e h e n s , das alles ist stets

eine unmittelbare, in sich selbst begründete Erfahrung. Die Ver-

mittlungen können nur dazu hinführen, nur Vorbedingungen dafür

setzen, aber das Unmittelbare selber nicht geben. Auch alles Denken

beruht zuletzt auf der Unmittelbarkeit der Eingebung (denn nur

diese ist unmittelbar, das schlußfolgernde Verarbeiten ist vermit-

telnd); alle Religion beruht auf Unmittelbarkeit der Andacht und

des Glaubens. Selbst in der Schlußfolgerung: zu verstehen „das ist

richtig, das ist fehlerhaft geschlossen“ — kann nur einsichtig er-

kannt, nur unmittelbar erlebt werden. Die Unmittelbarkeit macht

1

Meister Eckehart, herausgegeben von Franz Pfeiffer, Leipzig 1857, S. 181,

Zeile 7.