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fügelehre des menschlichen Bewußtseins von der Sinnlichkeit bis

zur Vernunft. Demnach gliedert sich Hegels Philosophie:

/

(1)

in eine dialektische Stufen- oder Gefügelehre des Bewußtseins

(Phänomenologie);

(2)

in eine Vernunftw

issenschaft

(Logik oder Kategorienlehre der

Vernunft an

sich);

(3)

in eine Lehre von der Gestaltung der Vernunft als Natur und

als Geist (Natur- und Geistesphilosophie).

(4)

Wo setzt aber die Geschichte ein? Hegel setzt sie nach dem

objektiven und vor dem absoluten Geiste an. Wie ersichtlich, sind

aber alle drei erstgenannten dialektischen Wissenschaften auf das

zeitlose innere Kategoriengefüge ihres Gegenstandes gerichtet. Es

ist daher geradezu ein Übergang in eine andere logische Gattung

(μετάβασις είς άλλο γένος), wenn Hegel von der Dialektik des Ge-

füges zur Dialektik in der Z e i t übergeht. Wie Hegel den Über-

gang von der zeitlosen Zergliederung des Geistes zur zeitlichen

G e s c h i c h t e des Geistes vollzieht, bleibt unbegründet. Für die-

sen Übergang hat er in Wahrheit keine Begriffsmittel.

Auch die Weltgeschichte ist für Hegel der Schauplatz des Begriffes

(der Vernunft, des Weltgeistes). Sie ist ihm kein Zusammenhang- und

sinnloses Nacheinander von Ereignissen, sondern ein gegenständ-

licher und geistiger Zusammenhang, der eine metaphysische Be-

gründung im dialektischen Gange der Entwicklung des Geistes hat.

„Daß die Vernunft die Welt beherrsche, daß es auch in der Welt-

geschichte vernünftig zugegangen sei“

1

, ist Hegels selbstverständ-

liche Voraussetzung. „Die Weltgeschichte ... ist... die Auslegung

des Geistes in der Zeit, wie die Idee als Natur sich im Raume aus-

legt"

2

. — Die Weltvernunft, der Weltgeist ist sowohl der Stoff, die

„Substanz“ der Weltgeschichte wie auch die unendliche Macht, die

in ihr waltet

3

. „Die unendliche Macht, indem die Vernunft nicht so

ohnmächtig ist, es nur bis zum Ideal, bis zum Sollen / zu bringen

und nur außerhalb der Wirklichkeit, wer weiß wo ... vorhanden

1

Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Ge-

schichte, mit einer Einleitung und Anmerkungen herausgegeben von Friedrich

Brunstäd, Leipzig 1907, S. 42 (= Reclams Universalbibliothek, Bd 4881—85).

2

Hegel: Philosophie der Geschichte, S. 117.

3

Hegel: Philosophie der Geschichte, S. 42.