Previous Page  273 / 473 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 273 / 473 Next Page
Page Background

[248]

273

k u n g ist, gehört er nicht zum Äußeren, also nicht zum Liturgi-

schen, Entsprechungen Abbildenden (und magisch Wirkenden), son-

dern zum Inneren der Religionsübung.

Doch waltet hier ein großer Unterschied ob. Je weniger die reine

Innerlichkeit herrscht und je mehr dagegen die bloße Symbolik und

gar die Magie den Gottesdienst überwuchert, je dämonischer ferner

diese Magie ist, um so gesunkener ist die Religion. Die niedrige Ma-

gie ist nicht nur schon in sich selbst verwüstet, sie bezieht sich auf

niedrige Wesen, denen der Gottesdienst gilt. Daher sind die dieser

Gesunkenheit entsprechenden blutigen Opfer und gar die Men-

schenopfer, nicht nur Greuel in der Ausübung des Gottesdienstes,

sondern auch Greuel der Anbetung und Religion selbst.

An den Greueln des Gottesdienstes ermißt man stets die Gesun-

kenheit einer Religion, weil dieser ja die heilige Geschichte abbildet,

ihre Entsprechungen darstellt. In die Schilderung dieser Greuel ge-

schichtlicher und vorgeschichtlicher Gottesdienste wollen wir uns

hier nicht einlassen. Sie ist Sache der Religionsgeschichte. Eine Probe

gaben wir oben bei Beschreibung des B u p h o n i a - O p f e r s

1

.

Daß das Opfer die heilige Sage abbilde, ist nicht nur eine, übri-

gens keineswegs neue, geschichtliche Wahrheit, die man mit einem

einzigen Blick auf die Religionsgeschichte nachprüfen kann; sie läßt

sich auch aus unserem Religionsbegriff verstehen. Begreift man die

Religion als Rückverbundenheitsbewußtsein, so ist es klar, daß die-

ses die Rückverbundenheit eines A u s g e g l i e d e r t e n , des

Menschen, zum Ausdruck bringe, das heißt aber schon: daß sie den

Grundprozeß des Weltgeschehens — denn Mensch und Welt sind ja

das Ausgegliederte — darstelle, so die christliche Religion das Opfer

Christi.

Da das Opfer Christi eine ganz bestimmte, konkrete Art der

Rückverbundenheit der Welt, nämlich den darin eingeschlossenen

Erlösungsvorgang, bedeutet, muß es auch im Mittelpunkt des Kul-

tus stehen. Das erkennt man nicht nur an der katholischen Messe,

die das Opfer Christi sichtbarlich entsprechungsmäßig wiederholt,

sondern auch in der Abendmahlsfeier (dem Kern der Messe) des

Protestantismus; ebenso an jedem gotischen Dom; am Festkalender

aller christlichen Bekenntnisse.

1

Siehe oben S. 249.

18

Spann, Religionsphilosophie